Schwächen
Du hattest keine
Ich hatte eine
Ich liebte
(Bertolt Brecht)
...schreibt Lyrik, Prosa und ist als Reisefotograf unterwegs
Alle Texte und alle Fotos auf dieser Lyrik-Seite sind von Jacques Dulon; außer: "="
Gestaltung der Dulon-Seite: Felicitas Krüs, Auswahl der Texte: Jackie Dong (Foto: Selbstportrait - Jinja, Uganda)
Gedicht des Monats: 2024, Dezember
Über das wahre Glück
(und dessen Beschneidung)
Vielleicht spürt man wahrhaftes Glück,
(das man gemeinhin kaum kennt)
nur, - wenn man über Wiesen und Weiden
barfüßig rennt, - diese vierblättrigen Kleeblätter
sucht, findet und pflückt; - und von ihnen dann
ganz sauber - das vierte Blatt trennt - um mögliche
Überdosierungen zu meiden
Ein Tschüss für alte Freunde
Farben von: Ferne (noch bis zum 07.01.2025 auf dieser Seite)
Foto: Les Ardennes (Dulon)
(inspiriert durch das Gedicht von Andreas Oltzen: Jetzt geh´ ich mit)
Der Schrei - Eine Variation von "Nur ein Blick" von Elisabeth Oltzen (noch bis zum 12.01.2025 auf dieser Seite)
Foto: Wolken über dem Greifswalder Bodden, Lubmin (Dulon)
So wie ich heiß? (neuer Audio-Text)
Foto: Berlin (Dulon)
So wie ich heiß…? (Neuer Text)
(Eine Verbeugung vor Klabund und seiner Lyrik)
Ich bin das Schweigen: Namenlos
mein Alter zählt nur meine Zeit
in der das Leiden: Übergroß
in meinen Worten sich verschweigt
Mein Vater ist der Anfang: Immerfort
Meine Mutter trägt Geburt als ihren Namen
sie gab die Fluchtburg mir als Heimat-Ort
Ich hisste dort - für sie - die weißen Fahnen
Meine Frau sucht sich die Liebe: Lustgewinn
meine Kinder sind ihr Roter Morgen
Sie verließen mich - weil sie wie Kinder sind
nun sind sie – ohne mich – stark und groß geworden
In meinem Bruder brennt die Ferne: Seelenweh
Sein Bruder bleibt wohl stets ein kleiner Kreis
Er sagt mir Sätze, die ich nicht versteh:
Dass ich nicht so bin - wie ich heiß
Dieser Mann der sieben Seelen
Foto: Fischland (Dulon)
Dieser Mann der sieben Seelen
Dieser Mann, der tut so heimlich
als ob er wüsste, was ich weiß
Er ist ein Blender - und mir peinlich!
Was nur weiter für mich heißt:
Er kann mich mal…! mit seinem ganzen Hokuspokus-Scheiß
Er sagt, er trüge schwer an sieben Seelen
Die Erste scheint ihm stets - als Lichtgestalt
Doch erzeugt s i e die Schatten, - die ihn quälen
Sie ist die Jüngste. Sie wird nicht alt,
und wie der Tod - strahlt sie: - weiß und kalt
Die Zweite... ist nun eigentlich keine Seele.
Sie ist Gefühl – das… zwischen allen Stühlen
liegt – und auch der Klos, - der fest sitzt in der Kehle,
und schwer wie stumme Worte wiegt! - Will er sie runter spülen
dann kann s i e sogar - auch noch - diese stummen Worte fühlen
Dieser alte Schwerenöter! Ja - er zählte nie bis drei
drum trägt die Dritte - keinen Namen
Sie liegt auf Eis - neben Seele Vier und Zwei
und ist die Jungfrau – seiner reifen Damen,
(die ihn erwählten – und mit sich nahmen)
Nummer Vier - trägt immer nasse Kleider
Sie verweint den ganzen Tag ihr Leid
Sie kennt nur Schwätzer oder Schweiger
und näht ihr bunt besticktes Hochzeitskleid
für den, - der sie aus diesem Leid befreit
Manche Seelen liegen hinter Friedhofsmauern
Seele Fünf kennt diese viel zu frühen Frieden,
die alle Kriege überdauern
Sie wird wohl selbst schon - unter weißen Kreuzen liegen
und würd´ so gern´ noch... leben - um zu lieben
Was soll ich von der Sechsten hier berichten...?
Sie ist der Künstler, - denn sie bricht
alte Worte - um sie neu zu dichten
Doch schöne Verse - kennt sie nicht
Seele Sechs - ist selbst Gedicht
In diesem Mann - wurd´ auch geboren
die Siebte! - Sie war sein Gift, sein Guter Gast!
Mit Macht durchströmt sie – a l l e Tiefen seiner Poren
bis sie ihn schließlich ganz umfasst
Seele Sieben war wie Luft, - die auch du - geatmet hast.
Das sagte dieser Mann – in seinem tiefen Raum
ungerührt – so dass ich durch seine Worte weiter leide
wie durch den Alpdruck schwerer Zeiten - in einem schlimmen Traum...
Als ich erwachte - ließ ich ihn stehen, denn schließlich - leben wir ja beide
auf den getrennten Seiten – einer Spiegelscheibe.
Die Vergessenen
Foto: Elbsandsteingebirge (Dulon)
Wer bist du? (Neuer Text)
Auf deine Wände malst du
die Zerrbilder meiner Gesichter
mir zum Beweis, dass es mich gibt
so wie du mich siehst
Ich reiße sie ein und male sie neu
dort -
wo du mich niemals sehen wirst
Ich (Neuer Text)
(Autobiografisches im Barock-Stil)
Einige sehen mich nur am Tage
und glauben, ich hätte ein helles Gesicht
Andere führen die lautstarke Klage
und sagen, ich sei ein dunkler.. Bösewicht
Vielleicht haben sogar einige Weitere noch
auf mich - eine sehr viel fremdere Sicht...?
Nur... ein wenig denk´ ich dann ja doch:
Vielleicht bin ich auch nur - wie ich
Lebenssinn
Foto: Neuf-Brisach (Dulon)
Lebenssinn
Der Regen zieht
Die Sonne scheint
Ein Vogel flieht
vorm Vogel-Feind
an diesem Morgen
der Lebenssorgen
Der Regen rauscht
Die Sonne sticht
Ein Vogel tauscht
das nasse Licht
zur Mittagszeit
mit Lebensleid
Der Regen rinnt
und löscht die Strahlen
Ein Vogel singt
im dämmerfahlen
Sonnenglühen
von Lebensmühen
Der Regen strömt
passiert den Tag
Kein Vogel tönt
im Tropfenschlag
Nur ganz tief drin
klingt Lebenssinn
Sansibar
Fotos: Indian Ocean, Tanzania (Dulon)
Sansibar
Morgens beim Frühstück ist es nicht wie gewohnt
Schon beim ersten Schluck Kaffee denkst du an die vergangene Nacht
Du lagst lange wach...
Hat sich das Denken gelohnt...?
Du verlässt dann das Haus - mit zögerndem Schritt
Der Kaffee - hat dir heut´ nicht geschmeckt
Dein Kopf nimmt von der Nacht etwas mit
Dein Frühstücksbrot hast du dir eingesteckt
Und dort die U-Bahngleise
Der Wunsch ist wieder da
vom Aufbruch und der Reise
Vielleicht bis Sansibar
Auf der Fahrt ins Büro ahnst du den Regen
Oder vielleicht ist es auch Schnee
Das dreckige Nass auf den Fußgängerwegen
>Das sind meine Bilder, die ich jeden Tag seh´<
In deinem Büro lässt du die Arbeit im Schrank
Die Termine verstreichen als Zahlen der Uhr
Du gehst wieder zum Fenster an den Schränken entlang
und denkst an den Mann, der mit seinem Brot zur Arbeit fuhr
Und dort die U-Bahngleise
Der Wunsch bleibt dir jetzt nah
vom Aufbruch und der Reise
Vielleicht bis Sansibar
Dein Chef erscheint – du nennst ihn beim Namen
In einer Stunde kommt er zurück
Du starrst auf die Frau in dem Bilderrahmen
Sie war mal dein Glück…
Diese Frau hat dich schon lange aus ihrem Leben entlassen
Nur deine Chefs erscheinen dir wieder
Die durchwachte Nacht - ohne Entschlüsse zu fassen -
Verregnet den Tag - oder fällt als Schnee auf Gehplatten nieder
Und auf die U-Bahngleise
Der Wunsch wird heute wahr
vom Aufbruch und der Reise
Vielleicht bis Sansibar
Du verlässt das Büro ohne zu fragen
Und diesmal lässt du dein Frühstück neben der Frau einfach liegen
>Ich werde mich ohne Gnadenbrot durch´s Leben schlagen.
Dieses nächtliche Etwas in meinem Kopf war nur ein Türklinkenbiegen<
denn schon auf der nächsten U-Bahnstation
Wird dein Traum für dich wahr
Mit dem Pass von deinem heimlichen Sohn
Fährst du direkt - bis Sansibar
Auf dem Rücken des Kaimans (Machiguengas - Menschen, die gehen)
Foto: Managua, Nicaragua (Dulon)
Auf dem Rücken des Kaimans
(Machiguengas - Menschen, die gehen)
(eine Verbeugung vor Mario Vargas Llosa und seinem „El hablador“)
Nein - Ich benötige keine zusätzlichen Intelligenzen neben meinem kleinen Kopf
Ich bevorzuge das selbständige Fühlen und Denken
und von den Bereichen, in die ich gedanklich nicht mehr eindringen kann
lasse ich mir all´ meine Geheimnisse schenken
Ich bin ein Geschichtenerzähler, ein nur einfacher Mann
Ein Machiguenga, der hin und wieder an eure Zwischenwelttüren klopft
und über siedend heiße Sonnenschein-Stufen stolpert – bis hinauf
zu den großen Schalenlicht-Sternen, die im Zentrum von Inkite verweilen,
um das sich ja jede Weltschale dreht - auf ihrem himmlischen Lauf
und wo die lustlose Sichel des Mondes beständig versucht – der Nacht zu enteilen
Ich wünsche mir ein Leben, in dem man auch weiterhin einmal kein luftiges Wellen-Netz findet
So ganz ohne quer und rückwärts zu denken - preise ich die Stille der Unerreichbarkeit,
die mich vom unablässigen Geblubber eurer fliegenden Sprache verschont,
mit der ihr mich gewaltsam niederzudrücken versucht und in meine beiden Ohrmuscheln schreit.
Ich bin wie die Menschen, die gehen, weil es sich nirgendwo weniger zu wohnen lohnt
als in euren Häuserstadt-Welten, aus denen jeden Tag eine lebensleere Seele verschwindet
Nur die flinken Vipern fischen fröhliche Vögel am morgendlichen Fluss,
singt mir die Kröte, die mit ihrem Quaken das Töten beschallt
Schlangenhafte Wesen am Himmel beenden mit einem Schuss
aus Licht - alle Leben der glühenden Kometen – Sie werden nie alt
Ich brauche ganz sicher auch nicht eure Brücken - über die sterbenden Naturen
Ich würde diese betonierten Flächen so gerne wieder als Berge und Wälder erfassen
wohl wissend, dass diese exotischen Träume eure Tatkräfte stören
weil sich meine Gedanken nicht mehr - in euren Welten - verwirklichen lassen
So erzähl ich Geschichten, die ich zwar gehört – aber die mir nicht gehören
und suche mir Wege, abseits der schlangenbahnbreiten Asphalt-Spuren
Dabei liege ich auf dem Rücken des Kaimans mitten im reißenden Strom
der hungrig erwacht, um mich zu suchen und sein Fressen zu finden
Im letzten Augenblick ergreif´ ich die Füße des Reihers - und schon
fliege ich mit ihm zu den Wolken – bis auch meine armstarken Kräfte mir langsam schwinden
Ich begrüße freudig die Zukunft und binde sie täglich an das sich erneuernde Gestern,
aber ich verachte eure stumpfsinnige Haltung gegenüber den Seelen der Tiere
Kein lebendes Wesen gehört zusammengepfercht mit unzähligen Artgenossen in eure versiegelten Räume
Ohne die Flüchtigkeit besteht die Gefahr, dass ich neben meiner Seele auch meine Beinkraft verliere
Das sage nicht ich, das sagt Tasurinchi-vom-Fluss, wenn wir den Masato genossen und durch unsere Träume
den Seripigari begleiten - zu unseren noch wartenden, nachtdunklen Schwestern
Ich stürze vom Reiher und hoffe, dass mich nur die sanften Baumkronen empfangen
und mich sicher von dort auf den Waldboden führen, um mich auf Mooskissen zu betten
Tasurinchi-die Morgentau-Neue, hält meine Hand und küsst mir die Wangen
Sie zeigt auf den Kaiman und dann auf meine nun goldschimmernden Sonnenlichttreppen
Ich hasse eure Gewalt unter der stählernen Rüstung – obwohl ihr mir täglich erklärt: Sie sei gerade heute so wichtig
in einer Welt der Kriege und der falschen Glauben – in der man jeden Tag von neuen Feinden umzingelt wird
Ich weiß nicht sehr viel von euren Göttern - und konnte im Leben selbst meine eignen nicht immer erkennen
Doch Machiguengas sind Menschen, die gehen, damit ihre Seele nicht in ihrem noch lebenden Körper stirbt,
weil ja auch die Beine der dahineilenden Weltschalen unermüdlich um ihre eigene Achse rennen
Und sollten wir Sterben, dann muss unsere Seele uns aufrecht verlassen – deshalb ist Krieg nirgendwo richtig
Sobald sich das fiebrige Blut in den Adern zu Wut-Stürmen staut und Worte formt auf unseren bebenden Lippen
verschieben sich die Linien bis zum Ende der Welt, so dass wir uns in Feindschaft verbinden und die Rettung nicht sehen
Auf dem Rücken des Kaimans hast du ohne zu fluchen nach dem Reiher geschaut und seine Beine ergriffen.
Nun kann deine Seele auch deinen Körper im grasigen Moos – wiederfinden, um mit ihm - immer weiterzugehen.
Geister-Gängerin (und der Trucker)
Foto: Wesergebirge (Dulon)
Geister-Gängerin (und der Trucker)
Ich sah dich auf der Autobahn
im Geistergang auf allen Vieren.. kriechen
Und über dir: die Autos fahrn,
wie sie rosten, rasten und dann siechen
Ich will mit dir - mich nicht entzweien
will nur zu Zweit - dann weiter ziehen
Ich fuhr als Fahrer einen LKW
Zwischen Rotterdam und Kingston-Town
und hoffte, dass ich dich noch einmal auf einem Rasthof seh´
Du trugst ja diesen goldnen Daumen
und konntest dich von dir befreien!
(so musstest du wohl weiter fliehen)
Alle Finger hast du dir verbrannt (und irgendwann auch abgehakt)
da man im Leben viel verliert!
Später hast du oft mit hellem Lack
dir Prothesen - für die Daumen - präpariert
Du trafst auch andre blinde Leute
mit Augen auf den Fingerspitzen
Viele hatten sieben an der Hand
weil man sich - mit jedem Finger - ja ein neues Leben schenkt
Ich hab dich damals nicht sofort erkannt
so flügellahm warst du - und fehlgelenkt
Ich traf dich gestern noch - in deinem Heute
Morgen werden hier schon andre sitzen
auf deiner eignen falschen Gegenspur!
Du warst verrückt, verfolgt und völlig panisch
vor dem Eis - (wo die Titanic für dich fuhr)
4000 m unter dir - blieb es: ozeanisch
Wer tiefer taucht, muss irgendwann auch fliegen
Wer kriecht, hat nur vergessen, was er fand
Im tiefen Grund – wo man sich nach oben sehnt
wo alle Schatten weinen, - bliebst du wach
und hast dich an deine Sonnen angelehnt
So verschwand - mit den Schatten - auch deine lange Nacht
Wer sich streckt, kann sich nicht nach vorne biegen
Wer sich bückt, sucht seinen Stand
Aus deinen Flügelfedern hat für mich ein Licht gestrahlt
das du mit fremder Macht zu Farben bogst
Du hast alle deine Himmel damit ausgemalt
durch die du dann zu deinen Sonnen flogst
Ich kannte dich von diesen alten Bildern
nun bist du alt und ich erkenn´ dich neu
Du konntest wohl in meinem Leben Spuren lesen
zwischen Fahrbahnplanken und dem Brückenpfahl
Jeder Fahrer braucht auch mal ein Flügel-Wesen
Manche nennen es – ihr Schicksal
Das Vergangene - will in die Vergangenheiten pilgern
Nur das Heute bleibt - und trennt die Spreu
Wirst du für mich noch einmal wiederkommen?
Ich liebe dich so Seenot-krank
und sehne mich nach deinen vielen Flügel-Sonnen
liebesdurstig – lebenslang
Man sieht sich oft - in fremden Welten
die doch selten nur - dieselben sind
Ganz plötzlich explodierte mir der Vorderreifen
Das ist schon viele Jahre her
Mein Truck durchbrach den Mittelstreifen
Vieles weiß ich gar nicht mehr
Was wir von uns ins Leben stellten
ist nicht dasselbe, das man uns nimmt
Gehen - nach dem Text "Gerade jetzt" von Elisabeth Oltzen
Foto: Lübeck (Dulon)
Gehen
(nach dem Text: “Gerade jetzt” von Elisabeth Oltzen)
Gerade jetzt
wo
sich das Ganze
zerteilt
und dich die Teile
verlassen
der Abbruch
nicht heilt
und die Enden
nicht passen
Gerade jetzt
wenn
die Augen
geblendet
die Seele
entseelt
der Geist
geschändet
und dich das Leben
verfehlt
Gerade jetzt
weil
unsere Arme
versagen
sich unsere Welten
verdrehen
Fremde - durch Fremdheit
uns tragen
Darum ...und nur darum
Können wir gehen
Alles (Neuer Text)
Nein, ich schreibe nicht mehr
und fotografiere nicht
Ich höre keine Musik
Ich lese kein Buch
Ich wandere nicht
Ich meide Orte der Geselligkeit
Ich habe keinen Besuch
und besuche niemanden
Wenn du das schreibst
ist es ein Gedicht
Wenn du es liest
wird es zu Musik
Wenn du den Text durchwanderst
wird er zum Bild
und wenn du ihn verschickst
wird er zum Besuch
(geschrieben mit Susanne Kaffka)
Erinnerungsspuren (Gehen #2)
Foto: Berlin (Dulon)
Drei Frauen (fliehende Erinnerungen)
Foto. Karlsruhe (Dulon)
Drei Frauen (fliehende Erinnerungen)
(nach dem Text „und jetzt ist alles“ von Jörg Nath)
Da liegen nun die ausgedörrten Felder
vieler Erinnerungen
gewässert mit zu vielen Tränen
Doch ihr Salz in den Furchen
verbrannte die Saat
und die Schollen
geronnenen Blutes
bedeckten meine
verwitterten Bilder
oder…
vielleicht war es auch ganz anders
und das Salz war kein Salz
und das Blut war nur Wasser
denn Liebe ist Liebe
und Falten durchziehen als Furchen
meine Seelenhaut
Du gingst im Frühling durch Kornblumen-Felder
mit ihren Blüten aus kornblumenblau
Deine Hose - benäht mit lustigen Flicken.
Die Feldbodenwege schimmerten regendurchweicht
unter deinen Sandalen...
Sie verklebten die schwerdunkle Erde
Doch ist es nicht alles ganz anders gewesen?
und die Kornblumen gehören einem anderen Traum
Du trugst keine Hose,
nur ein Sommerlichtkleid
auf brauner Haut
für meine spätere Sehnsucht,
die für dich so kusslos geblieben,
doch niemals vergessen -
obwohl die Zweite bald kam, die wirklich ganz Große
Ihr beide konntet damals nicht ahnen,
wohin ihr mich führtet - nach eurem Ende
Heute kennt meine Liebe - eure geheimsten Namen
Sie kennt auch den Preis,
den ich dafür zahlte
und jene andere
die bei mir blieb
Doch auch das ist schon wieder anders gewesen
denn groß war die Erste
mit ihren Bildern in Blau
und die Zweite begrub ich unter salzigen Schollen
vergaß zu vergessen - was immer es war
Heut´ spür´ ich die Saat der Kornblumen wieder
und küsse nunendlich
auf all euren Wegen
ihre zartbraune Haut
El Misti, Peru (Dulon)
Am See (Neuer Text)
(inspiriert durch „Im Kopf der Liebe (Version 1)“ von Jörg Nath)
Über grüne Wiesen trägt dein weißes Kleid
mein Boot – in das sich doch sonst kein Wind verweht
Nur ganz langsam tropft hier meine Zeit
in den Zeiger, der sich beständig um seine eigene Mitte dreht
Auf die Blüte deiner Blume - fällt ein welkes Blatt,
wie ein Lächeln ohne Zwang, das mich tiefer noch berührt
Welcher Wind wohl weht? - weil er deine Wärme hat
und deine Farbe – die mit jeder Blume neu erblüht...
Kann ich deinem Lächeln wirklich wild vertrauen?
nur weil ich erahn´, was dein Kleid mir nicht verhüllen mag
Darf ich dir bis in deine blaue Seen-Seele schauen…?
auf der mein Boot so viele Zeiten - ganz ohne Seen-Segel lag
Schau – mit dem Wind beginnt ein erster Körper-Wellenschlag
Die Vergessene (Neuer Text)
(inspiriert durch „Im Kopf der Liebe (Version 4)“ von Jörg Nath)
Über grüne Wiesen springst du selbstvergessen
gehüllt in Tüchern, die sich mit weichen Winden drehen
Ich ruh´ im Gras, wo ich vor vielen Jahren schon gesessen
und weiß – ich werd´ dich endlich wiedersehen.
Zwischen Blüten springt dein altes Mädchenlachen
Es wird schon bald von schön geformten Lippen tropfen
und wohl aus dem Laut der Liebe auch die Lust entfachen
wortlos mit dem Takt, in dem ja Herzen füreinander klopfen
Meine Hand ist machtlos schon - und wird sich dir ergeben
sie würde, wenn sie könnte, Kränze flechten für dein Haar
oder für dich die frühen, weißen Tücher weben
in denen ich dich stets - als junges Mädchen sah
Ich schließe meine Augen – weil ich den Saft empfange
den ein Wandrer wohl genießt, der an Quellen niederkniet
So will ich trinken - weil ich dürstend nur nach dir verlange
und deine Hand mich zärtlich auf deine weißen Tücher zieht.
Neben mir schimpft ein Krähenvogel frech im Wiesengras
Mit meiner Mittagsruhe ist es wohl vorbei
Von welchem Traum wurd´ ich grad´ eben noch erfasst….?
...vor diesem schlimmen Vogelschrei…
Ankündigung: Frühling - ein neuer Audio-Text von Jacques Dulon, demnächst an dieser Stelle
Ankündigung: vielleicht Homer - ein neuer Audio-Text von Jacques Dulon, demnächst an dieser Stelle
Küchengespräche
Beim Kaffeekochen sagtest du mir: „Ich geh! -
Ich werde dich noch heute verlassen!
Ich will nicht länger an unserer Liebe leiden
und möchte wieder auf eigenen Beinen
stehen.“ Wir tranken unseren Kaffee
aus den vergoldeten Sammeltassen.
Mittags, in der Küche beim Zwiebelschneiden,
da musste ich ganz plötzlich weinen
Kraftloser Mann (Neuer Text)
Wir sollten uns doch noch heute entscheiden
Ein Leben zu zweit ist öde und fad
Und wer mich erwählt ist nicht zu beneiden
Du fragst mich nicht und ich geb´ keinen Rat
Die Wolken am Meer zieh´n wieder nach Osten
Vorbei diese Kälte der ewige Wind
Es gibt eine Sonne! Ihre Strahlen zu kosten
bleibt uns keine Zeit! Wo gehen wir nun hin?
Du zeigst mir den Vogel gebrochen sein Flügel
Im Sturmwind der Nacht am Ufer zerschellt
Die Sonne im Westen erreicht nun den Hügel
Der sie dann verdeckt am Ende der Welt
Du kennst keine Worte die uns noch verbinden
Zwei Seelen getrennt durch eine gläserne Wand
Mir fehlt diese Kraft dich doch noch zu finden
Dann hebst du den Blick und ergreifst meine Hand
phonetischer Lesehinweis: kursiv = Betonung
Künstler interpretieren Dulon
Nicholas McDonald interpretiert: Linda *
Reiner Schubert interpretiert: Im Schatten junger Frauenblüte (Der Maler) *
Mein Liebeslied für Dich *
Der schlimme Mann *
Banksy
Elisabeth Oltzen interpretiert: Dein Nicht-Nein **
Dieser seltsame Reiter (Der Sohn I) ** ***
Pastorale - Die Heilige Nacht der Stille **
Hertz-Bande interpretiert: Welches Wort +
Marie von Kuck interpretiert: Schatten auf Wände *
Für mich war nur der Herbst bestimmt
* nicht (mehr) auf dieser Seite
** Elisabeth Oltzen - Lübecker Lyriktreff (luebeckerlyriktreff.de)
Banksy - Musik und Gitarre: Reiner Schubert
Foto: Leipzig (Dulon)
Banksy
(Mahner, Dichter und Humanist in einer dekadenten Zeit)
Der größte Poet malt seine Zeichen
- wenn er über das Menschliche schreibt -
direkt auf die Mauern unserer Zeit;
nicht fragend – Wen... kann ich erreichen ?
Wissend, - dass wir in diesen Trümmern erblinden,
im Abfall ersticken – ist auch er - vom Staub schon bedeckt
und malt seine Verse - direkt auf den Dreck,
wie... Gebete, - denn nur dort können wir finden
was wir – schon in uns gesucht – doch niemals gefunden.
An den Abrisskanten von unseren Städten
- mit ihren offenen Adern, ihren nicht heilenden Wunden -
gelingen ihm Bilder, hier sieht man ihn beten
diesen heimlichen Mahner, diesen... ganz großen - Poeten
Sonnet about a Poet
(inspired by Iryna Sorokovska)
Seemingly fingers dig lines on my face
not knowing about yesterday´s sorrow
and the upcoming grief for tomorrow
so – whatever they do: It isn´t my case
I saw this carved masquerade in broken windows
asking myself – is it me? - or someone nearby ?
The wrinkles gave answer or at least they try
to sketch the secrets of life - I won´t show
Intoxicated by the blood of a poet
I found some words perhaps close to the truth
and forced myself to pretend: I know it
but I couldn´t catch never the wisdom I´ve used
Only the last one remains untouchable save
`cause it has started already digging my face
Gesichter eines Dichters
der Versuch einer „sehr freien“ Nachdichtung von meinem Text „Sonnet about a Poet“
Anscheinend graben Finger Falten in mein Gesicht
die nichts von mir wissen - von meinen gestrigen Sorgen
und meiner zukünftigen Trauer - vielleicht schon von morgen
Was immer diese Linien bedeuten - sie kennen mich nicht
Ich sah dies Gesicht in den Gläsern zerbrochener Scheiben
und konnt´ nicht verstehen, wen ich dort sah
mich selbst ?- oder nur einen Menschen, der mir ähnlich war
und den anderen täuschte ? – Oder war ich keiner von beiden?
Das Blut eines Dichters berauschte das Denken
meiner wortreichen Seele aus fremden Gefühlen
die mir bis heute – die schönsten Verse schenken
Ich schrieb´ sie ohne zu wissen - zwischen den Stühlen
frei von Erfahrung, ohne Verstand, und weiß nur zu sagen,
dass unsichtbare Finger – Linien in meine Gesichter graben
silberne Sonnen
Foto: DAS PAAR, Porto (Dulon)
Nur ein Sammler
Foto: AN DEN HIMMEL GEHÄNGT, Berlin (Dulon)
Krieg und andere Grausamkeiten (Texte gegen die Barbarei)
Gelogen?
Politische Gedichte,
die keinen Widerspruch ertragen,
sind schwach
Politische Gedichte,
die keinen Einspruch erzeugen,
sind belanglos
Politische Gedichte,
die sich nicht um Zuspruch bemühen,
bestehen aus Lügen
Unsigniert
(Gedicht über Frieden)
“Schreiben Sie ein Gedicht
über den Frieden
zum nächsten G 8
Nicht romantisch verklärt
und ohne Balladen-Reime,
selbstverständlich;
eindeutig positioniert
durch jeden Verzicht
auf Sinnverschiebungen
oder Dissonanzen
Auch die Ironie
wäre unangebracht
bei ihrem Gedicht
zum nächsten G 8
Verstehen Sie was ich meine?”
Ja
ich konnte es mir notieren,
Wir müssen es nur noch
mit ihrem Namen signieren.
Sonntagsruhe in Bergen Belsen (neuer Text)
„Wir haben auch unsere Jugend verloren. Das soll man nicht vergessen.“
Hier ruhen 1000 Tote
„Die Juden wurden rechtzeitig gewarnt.“
Hier ruhen 500 Tote
„Das alles haben wir viel später erst erfahren.“
„Mein Mann war in der H.J., aber das hier...“
Hier ruhen 2000 Tote
„Entsetzlich, aber...“
Hier ruhen 1000 Tote
„Papa, Papa, was sind das für Hügel?“
„Ruhig Kind, ein Friedhof von früher.“
Hier ruhen 5000 Tote
„...und was haben sie uns angetan, die Russen?!“
Hier ruhen 1000 Tote
(und irgendwo auch Anne Frank)
Rückblicke, Einsichten und Dank
Eure Favoriten unter den Dulon-(Audio)-Texten, (Entstehungsjahr des Textes), Status
Gesamter Zeitraum 1. Scherben und Kreise (bis an den Rand) (2023) *
2. Der schlimme Mann (2022) (Musik: Reiner Schubert) *
3. Mondschattenbilder (2014) *
4. Schatten auf Wände (2023) (interpretiert von Marie von Kuck) *
5. Der Schrei (2023) ~
6. Mein Liebeslied für Dich (2021) (Musik: Reiner Schubert) *
7. Pastorale - Die Heilige Nacht der Stille (2023) *
8. Selbstbetrug (Diese ewige Sucht nach dem Anderssein) (2022) *
9. Ballade vom Wein in Aveiro (2017) *
10. Dieser seltsame Reiter (DER SOHN I) (2021) *
11. Geheimnisse (Dein Kaffee, deine Croissants und Warum ich dich liebe) (2023) *
12. Vollmond (Eine alte Liebe) (2012) *
12. Als wir uns trafen (Eine Nacht in La Paz) (2019) *
14. Ja, so ist sie... (1981) *
14. Mein sprachloses NEIN (2023) *
14. Melancholien (2016) *
17. Auf den Adel kommt es an (2022) *
17. Baluto (2015) *
17. Verspielte Liebe (2004) *
17. Der Mann der sieben Seelen (2024)
2021 1. Mein Liebeslied für Dich (2021) (Musik: Reiner Schubert) *
2. Dieser seltsame Reiter (DER SOHN I) (2021) *
3. Linda (2005) (Musik: Nicholas McDonald) *
2022 1. Der schlimme Mann (2022) (Musik: Reiner Schubert) *
2. Mondschattenbilder (2014) *
3. Selbstbetrug (Diese ewige Sucht nach dem Anderssein) (2022) *
2023 1. Schatten auf Wände (2023) (interpretiert von Marie von Kuck) *
2. Scherben und Kreise (bis an den Rand) (2023) *
3. Geheimnisse (Dein Kaffee, deine Croissants und Warum ich dich liebe) (2023) *
2024 1. Der Schrei (2023) ~
2. Scherben und Kreise (bis an den Rand) (2023) *
3. Pastorale - Die Heilige Nacht der Stille (2023) *
Oktober 2021 1. Dieser seltsame Reiter (DER SOHN I) (2021) *
November 2021 1. Mein Liebeslied für Dich (2021) (Musik: Reiner Schubert) *
Dezember 2021 1. Als wir uns trafen (Eine Nacht in La Paz) (2019) *
Januar 2022 1. Die Poeten (2020) *
Februar 2022 1. Mein Liebeslied für Dich (2021) (Musik: Reiner Schubert) *
März 2022 1. Der schlimme Mann (2022) (Musik: Reiner Schubert) *
April 2022 1. Hey Jim (Sunset over Zanzibar) (2010) *
Mai 2022 1. Der schlimme Mann (2022) (Musik: Reiner Schubert) *
Juni 2022 1. Tajuras Lied (2022) *
Juli 2022 1. Selbstbetrug (Diese ewige Sucht nach dem Anderssein) (2022) *
August 2022 1. Selbstbetrug (Diese ewige Sucht nach dem Anderssein) (2022) *
September 2022 1. Mondschattenbilder (2014) *
Oktober 2022 1. Ballade vom Wein in Aveiro (2017) *
November 2022 1. Ballade vom Wein in Aveiro (2017) *
Dezember 2022 1. Geheimnis vom Fliegen (2020) *
Januar 2023 1. Im Turm der Dichter (2022) *
Februar 2023 1. Im Turm der Dichter (2022) *
März 2023 1. In meinen Straßen (Gegend namens Glück) (2006) * // Ja, so ist sie (1981) * // Mit der Zeit (2011) *
April 2023 1. Geheimnisse (Dein Kaffee, deine Croissants und warum ich dich liebe) (2023) *
Mai 2023 1. Kurze Zeiten der Liebe (1981) *
Juni 2023 1. Der Wikinger (2022) *
Juli 2023 1. Ganz in deiner Nähe (Eine Frau unterwegs) (2022) (Nachdichtg.v."A solo un paso de aqui", C. Puebla) *
August 2023 1. Sizilianische Wanderungen (2023) *
September 2023 1. Schatten auf Wände (2023) (interpretiert von Marie von Kuck) *
Oktober 2023 1. Verspielte Liebe (2004) *
November 2023 1. Scherben und Kreise (bis an den Rand) (2023) *
Dezember 2023 1. Scherben und Kreise (bis an den Rand) (2023) *
Januar 2024 1. Pastorale - Die Heilige Nacht der Stille (2023) *
Februar 2024 1. Nur ein Sammler (1983)
März 2024 1. Ja, so ist sie (1981) *
April 2024 1. Dieser Mann der sieben Seelen (2024)
Mai 2024 1. Für mich war nur der Herbst bestimmt (2001)
Juni 2024 1. Nur ein Sammler (1983)
Juli 2024 1. Baluto (2015) *
August 2024 1. Lebenssinn (2024)
September 2024 1. Verspielte Liebe (2004) *
Oktober 2024 1. Scherben und Kreise (bis an den Rand) (2023) *
November 2024 1. Scherben und Kreise (bis an den Rand) (2023) *
Dezember 2024 1. Der Schrei (2023) ~
Status: * Audio-Texte nicht mehr auf dieser Seite, ~ ein Tschüß für alte Freunde.
Für mich war nur der Herbst bestimmt (Marie von Kuck interpretiert Dulon)
Foto: Rhön (Dulon)
Farben (im Garten)
Foto: auf Vendsyssel-Thy
Farben (im Garten)
(inspiriert durch die Bilder von Reiner Schubert)
Zitronengelbe Blütenblätter
tropfen Farbe auf den Tau
Mir ist´s, als wär´ dies graue Wetter
auf einmal fast schon himmelblau
Rot-orange Chrysanthemen
klopfen an den Gartenzaun
als wollten sie nun Abschied nehmen...
An den Winter denk ich kaum
Auch Orchideen formen Schwingen
als ahmten sie die Vögel nach
die schon jetzt vor Fernweh singen
Ich weiß um ihre Farbenpracht
Sind dann die letzten Vögel abgeflogen
und alle Blumen vogelfrei
weil Winterwinde in den Wolken toben…
ist auch für mich das Jahr vorbei
Abenddämmerung im Flusstal
Der Tag war verblendet
Ich gehe zum Schluss
über die Wiese zum Weiher
Noch ist er kein Fluss !
Dort steht dieser Kranich
oder ist es ein Reiher ?
der mich seitlich fixiert...
vielleicht sieht er mich gar nicht?
Er wird bald erblinden,
da - wo er die Formen verliert,
die wie Schatten verschwinden
Der Tag ist beendet
Ankündigung: November im April - ein neuer Audio-Text von Jacques Dulon, demnächst an dieser Stelle
Humor ist, wenn ein Gleichstand gelingt
Nachtisch (Lokalbesuch)
Herr Kreis und Frau Linie fühlten den Hunger; er schmerzte schon sehr, ja geradzu enorm
Da betraten die Beiden ein Lokal und Herr K. fragte den Ober, was er wohl so habe?
“Na dann bringen Sie mir doch vom Menu diese großrunde Scheibe - so nach meiner Form
und zum Nachtisch“, ergänzte Herr K. „nehme ich die zartrote Farbe!”
“Und ich…?”, überlegte die strichlinige Dame und überdachte ihre Geometrie (sie dachte auch weiter)
“Und ich...?”, wiederholte sie schließlich und überlegte dabei länger als lange
- dabei berührte sie nervös und verlegen das kreisrunde Knie von ihrem Begleiter -,
“nehme... nur den Nachtisch, aber in Blau – und als Stange.”
Ein Dichter sprach…
Ein Gedicht wird zum Gedicht
erst durch meine Seelen-Schwingung
Und nicht, wie viele meinen
durch schnöde: Reimzwang-Erzwingung
Und spürst du in meinen Texten nicht
meinen großen Seelendrang…?
Na - dann beug´ ich mich (natürlich)
dem kleinen Reimerzwingungs-Zwang
Alter (Neuer Text)
Das Alter ist mir - heute Nacht - ganz heimlich in die Knochen
und dann auch weiter – also - bis in meine Seele tiefgekrochen
Dabei hatte mir - doch meine Fee – gleich am Anfang bei der Wiege
Ew´ge Jugend, Schönheit – und in der Tat
neben diesen tollen Sachen – auch sehr viel Geld noch zugesprochen
Gut…, dass mit der Schönheit - war offensichtlich eine Lüge
nur dass mich die Fee - auch beim Reichtum schnöd betrüge
und sich bei mir – mit den Jahren auch das Alter - über meine Jugend schiebe...
empfind´ ich - als einen hundsgemeinen Akt von Hoch-Verrat
Will sagen: Sie zeigt mir damit einen... ihrer charakterlich wohl schwächeren Züge
Darum hab ich mich - ganz spontan heut´ Morgen - auch erhoben
und mich gymnastisch schräg nach links verbogen
Jetzt fühle ich mich jungverfrischt - und g´radzu neu geboren
- wohl weil sich das Alter nicht verdrehen mag -
so ist es besoffen - aus meinen Knochen - wieder ausgezogen
Und sieht es mich - irgendwann - noch mal im Bette liegen
und will erneut – sich heimlich - in meine Knochen schieben
so hab ich mir - einen schönen Schwur geschworen!
Dass ich vielleicht auch einmal - jenes Wagnis wag
(aber pssst…): - Meine rechte Seite - bodenwärts - zu biegen
Wolkenreiter
Foto: Altiplano, Bolivien
Wolkenreiter
I
Kennst du jenen Mann, der dort drüben geht
Der jetzt stehen bleibt – und verlegen wird
Siehst du wie er sich zur Seite dreht
Als die Frau passiert – wie sich sein Blick verirrt
Kennst du jenen Mann? Kennst du jene Frau?
Nein du kennst sie nicht - oder nicht genau…
Sieh doch hin – das Bild berührt dich doch
Gib nur acht - es wird jetzt stärker noch
Wenn du erkennst, wie die Dinge steh´n
Und mit dir am Ende untergeh´n
Er war ihr Mann, sie war seine Frau
Siehst du nun, dass er sie auch erkennt
Er geht am Stock und auch sie ist grau
Und wenn er nun noch ihren Namen nennt
Als ob er nur mit sich selber spricht
Dann schaut sie auf, doch sie hört ihn nicht
Sieh doch hin – das Bild berührt dich doch
Gib nur acht - es wird jetzt stärker noch
Wenn du erkennst wie die Dinge steh´n
Und mit dir am Ende untergeh´n
Sie war´n ein Paar, als ich zur Schule ging
Kuss um Kuss – so groß ihr Glück
Ich sah wie sie an seiner Schulter hing
Ihr Blick zu ihm und von ihm zurück
Ich war zu jung und sie sah mich nie
Sie liebte ihn und ich liebte sie
(Musik)
II
Dann kam meine Zeit und die Welt war groß
Und weil ich sie - dicht vor mir fand, fuhr ich los
Von Rotterdam nach Sansibar
Durch all die Steppen, Wüsten - Afrika
Von Capetown bis nach Brasilien weiter
Ich wurd´ ein namenloser Wolkenreiter
Sieh doch hin – das Bild berührt dich doch
Gib nur acht - es wird jetzt stärker noch
Wenn du erkennst, dass deine Flucht gelang
In den permanenten Untergang
Hab den Amazonas oft durchquert
Blieb all die Zeiten mehr oder minder unversehrt
Die Anden hoch zum ewgen Schnee
Ich fühlte nichts und nichts tat mehr weh
Trieb ich immer, immer weiter mit dem Wind
Weil für Wolkenreiter - alle Wege ohne Richtung sind
Sieh doch hin – das Bild berührt dich doch
Gib nur acht - es wird jetzt stärker noch
Wenn du erkennst, dass deine Flucht gelang
In den permanenten Untergang
(Musik)
III
Auch wenn ich keine Sehnsucht spür - in meinem Herzen
Trieb mich der Wind zurück - noch einmal als ein Clown
Zum Schultor hin, wo die vielen kleinen Kinder scherzen
Über zwei alte Männer, die sich nicht mehr trauen
Nur noch still und heimlich ihre Köpfe dreh´n
Zu dieser grauen Frau im Vorübergehen
Tschüß und Danke für den Besuch...
bis zum nächsten Mal vielleicht auch in eurem Theater...?
aus: 1000 Texte, 1978-2024 (Band I - VII)
(alle bisher auf dieser Seite veröffentlichten Dulon-Texte)
(geschrieben / Titel eines Jahres in alphabetischer Folge / 1000 Texte, Band-Nr. / Status: siehe unten)
1978 Manchmal für immer Bd III *
1980 Der Straße nach Bd II *
1981 Ja, so ist sie Bd III *
Kurze Zeiten der Liebe Bd III *
1982 Jeder Bergkamm... Bd VII *
1983 Nur ein Sammler Bd III
1985 Der Weg meiner Liebe Bd III *
Ein Mann gibt Auskunft Bd III *
1986 Einstein oder Seit geraumer Zeit Bd III + II *
silberne Sonnen Bd III
1987 falscher Anfang Bd II *
1988 Der ungewöhnliche Lebenslauf des Werner M. Bd VII *
Lohn des Löhners Bd VII *
1989 Sonntagsruhe in Bergen Belsen Bd II #
1990 Drei Fremde Bd VII #
1991 Fragment in Blau Bd II *
Hieße ein Kreis… Bd II *
1992 Erkennen Bd III *
Fremdes Mein Bd II *
Kein Brief Bd II *
1993 Ein gelungener Zaubertrick Bd VII *
auf weißen Wänden Bd II *
1994 Der Traum von Señor Martinez Bd VII *
1995 All dies geschieht Bd II *
... einem anderen Ziel entgegen Bd VII *
In Ronda (nach Rilke) Bd VI + II *
1996 Gesicht vor Spiegel Bd VII *
1997 Unerhörter Weggang Bd II *
1998 Nachts im Café Bd VII *
1999 Der anarchistische Dichterfürst Bd III *
2001 Der Ausflug Bd VII *
Für mich war nur der Herbst bestimmt Bd III
Sansibar Bd III
2002 Jacob von nebenan (oder Die UFOs zum Mars) Bd III *
November im April Bd III +
2003 Die sich auflösende Welt des Dr. K. Bd VII *
2004 Herzgewalten Bd II *
Kollegin Bd II *
Verspielte Liebe Bd III *
2005 Auf der Baustelle Bd II *
Das Albino-Reh Bd II *
Eine Freundin Bd II *
Linda Bd III *
M-Trick Bd II *
2006 In meinen Straßen (Gegend namens Glück) Bd IV *
Mehr haben wir nicht (Rue de Madeleine 90) Bd IV *
weitsichtig Bd II *
2007 Spitzfund (und Ideenklau) Bd II *
2008 Farben (eine Oktalogie in Fragmenten) Bd IV *
Souls to carry Bd IV *
2009 Im Schatten junger Frauenblüte Bd IV *
Twenty-first Century Soldier Bd IV *
unsigniert (Gedicht über Frieden) Bd VI
2010 Hey Jim (Sunset over Zanzibar) Bd IV *
2011 Mit der Zeit Bd IV *
Wolkenreiter Bd IV
2012 Mord am Morgen Bd VI *
Vollmond oder Eine alte Liebe Bd V *
2013 kraftloser Mann Bd IV #
2014 Mondschattenbilder Bd VI + II *
Next to Arica (I can see your face from here) Bd IV*
2015 Baluto Bd IV *
Helgas Herzen VI + II*
2016 Farewell in Blue (Next to Pilat) Bd IV *
Leaving the Table Bd IV *
Melancholien Bd IV *
Vogelzüge im Norden Bd VI *
2017 Ballade vom Wein in Aveiro Bd I *
Der Elch II Bd I *
Gedicht ohne Ziel Bd I *
2018 Delante del Sol Bd IV + I *
Die Nacht vor dem Frühling (DER WANDERER II) Bd I *
Jetzt Bd I *
Snow in the Mountains Bd IV *
2019 Als wir uns trafen (Eine Nacht in La Paz) Bd I *
Der Fremde (Wie er war als er ging) Bd I *
Ein Zimmer und zugleich eine Wüste Bd IV + I *
Welches Wort Bd I *
2020 Dichten erlernen Bd I *
Die Poeten Bd IV + I *
Geheimnis vom Fliegen Bd I *
Holunder Bd I *
Kann man das Dichten üben? Bd I *
Was wird bleiben (von meiner Dichtung) Bd I *
2021 Brücken (Zwischen den Seelen) Bd I *
Die Klobrille Bd I *
Dieser seltsame Reiter (DER SOHN I) Bd I *
Fluchthelfer Bd I *
Halt ein Bd V + I *
Kronos (Die Zeit der Ruinen) Bd I *
Mein Liebeslied für dich Bd I *
Schmutz an den Schuhen regennasser Straßen (DER SOHN II) Bd I *
Tsunami Bd I *
2022 24.02.22 Bd I *
Asche wie Schnee Bd I *
Auf den Adel kommt es an (Ein Gartenzwerg-Epos) Bd I *
Bekenntnisse Bd I *
Brücken ohne Ufer Bd I *
Countdown (ins Beschränkte) Bd I *
Das Wüstentier (DER SOHN V) Bd I *
Dein Nicht-Nein Bd I *
Der Inn (Fluss-Gedichte:) Bd I *
Der schlimme Mann Bd I *
Der Sohn (Brücken ohne Ufer) (DER SOHN III) Bd I *
Der Wikinger Bd V + I *
Ganz in deiner Nähe (Ein Frau unterwegs) (Eine Nachdichtung von "A solo un paso de aqui" von Cecilia Puebla) Bd V + VI *
Götterdämmerung Bd I *
Im Turm der Dichter Bd I *
Laotses Befragung Bd I *
Letzte Nacht vor meiner Kneipe (Ein psychopathologischer Alptraum über den Sommer 21) Bd I *
Mathematische Wunder oder Die Zeitgleichung Bd I *
Messer Bd I *
Mögliche Kapitulationen Bd I *
Selbstbetrug (Diese ewige Sucht nach dem Anderssein) Bd I *
Sinn als Zweck (oder: Ein kleine Exkursion) Bd I *
Tajuras Lied Bd V + I *
Unfertiges oder Eine Verbeugung vor Ringelnatz Bd I *
Warum Wunden nicht heilen Bd I *
Was zu tun ist Bd I *
Wir (als Verneinung) Bd I *
Wir (in der Vergangenheitsform) Bd I *
Wo dein Sternbild mir leuchtet (DER SOHN IV) Bd I *
Zum Wohle des Kindes Bd I *
Zwei Panzer (vor Kiew) Bd I *
2023 Als sie... (Zeitratten) Bd I *
An das Leben Bd I *
Aristoteles´ Schüler Bd I *
Bauchgefühle unterm Honigmond (Die Zeit der Schmetterlinge) Bd V + I *
Bei mäßiger Zielsicht Bd I *
Bekenntnisse eines Dichters Bd I *
Brandgeruch Bd I *
Der Krieg verharrt in der Todeszone Bd I *
Der Schrei Bd I ~
Die drei Gesichter (Wachsen, Blühen und Verwelken oder: Ein Lebenslauf) Bd I *
Die Zerbrechlichkeit der Zeit Bd I*
Ein Jahr Bd I*
Es ist ja kein Mord (von Häutungen und Verschalungen) Bd I *
Farben von: Ferne (FARBEN) Bd I ~
farblos und blind Bd I *
Geheimnisse (Dein Kaffee, deine Croissants und warum ich dich liebe) Bd I*
Gesichter eines Dichters Bd I
Gott in Göttingen BdVII *
Horen - Die beiden Reiterinnen Bd I *
John, Hello I´m in there (Pflastertreter-Ballade) Bd V + I*
Kleiderwechsel als Modenschau (Ein deutscher Lebenslauf) Bd I *
Krähengesang Bd V + I*
Küchengespräche Bd I
Les enfants oubliés Bd V + I *
Lob der Müßiggangs (Hände im Schoß) Bd I *
Lustige Leichen Bd I *
Mein sprachloses Nein Bd I *
Metamorphosen vom NEIN Bd I *
Mit dem Neuen Jahr (Eine Silvester-Selbst-Ansprache) Bd I *
Ortega oder Palabras urgentes para Nicaragua Bd I *
Pastorale - Die Heilige Nacht der Stille Bd I *
Schatten auf Wände Bd I *
Scherben und Kreise (bis an den Rand) Bd V + I *
Sizilianische Wanderungen Bd I *
Skylla und Charybdis (Gedanken über einen Abgesang auf die Demokratie) Bd I *
So oder so Bd I *
Sonnet about a Poet Bd I
Stille Geschenke Bd I *
Stimmen der Frauen vor Troja Bd I *
Südwärts - mit dem Norden in mir Bd V + I *
Trump (or How to finsh Democracy) Bd I *
unpassende Fragen Bd I *
Versuche über Carlos Gardel Bd I *
Vorfreude Bd I *
Warum ich intellektuell bin Bd I *
(zwei Regen) Bd I *
2024 19-84 Bd I *
Abenddämmerung im Flusstal Bd VI
Alles (von Kaffka & Dulon) Bd VI #
Alles bezahlt Bd VI *
Alter Bd VI #
Am See Bd VI #
Auf dem Rücken des Kaimans (Machiguengas - Menschen, die gehen) Bd VI
Banksy Bd I
Das ganze Theater Bd I *
Der Abdruck Bd VI *
Der ewige Roman (Der Eine #2) Bd I *
Die Eiche Bd I *
Die Schöne am Fenster Bd VI *
Die Vergessene Bd VI #
Die Vergessenen Bd V + I
Dieser Mann der sieben Seelen Bd I
Drei Bilder (I. In meinem Zimmer, II. Sicherlastig, III. Herakles) Bd VI *
Drei Frauen (fliehende Erinnerungen) Bd I
Ein Dichter sprach... Bd VI
Ein Epitaph Bd VI *
Erinnerungsspuren (Gehen #2) Bd VI
Farben (im Garten) Bd VI
Frühling Bd I +
Gehen Bd V + VI
Geheimnis des Alterns Bd I *
Geister-Gängerin (und der Trucker) Bd VI
gelogen? Bd VI
Ich (Autobiografisches im Barock-Stil) Bd VI #
Im Namen der Schönheit (durch das Gewühl der Jahrzehnte) Bd I *
Kassandra, reloaded Bd I *
kein Gesicht Bd I *
konsequenter Dichter Bd I *
Lebenssinn Bd VI
like Elvis (for being eternal) Bd I *
Nachtisch (Lokalbesuch) Bd VI
Odyssee (The Returning of H.P.) Bd I *
Reimzwang-Erzwingung Bd VI *
Relativierung des Alltags Bd VI *
Schnitter und Schneider Bd I *
So wie ich heiß´? Bd VI #
Start und Ziele (auf einem Bumerang) Bd I *
Tu y Yo (Individualismo y Soledad) Bd I *
Über das wahre Glück (und dessen Beschneidung) Bd VI
Unter Wölfen Bd I *
Verdächtige Zeiten (Blumen der Bösen) Bd I *
vielleicht Homer Bd I +
Wer bist du? Bd VI #
(Status: + in Planung und angekündigt, # neu, ~ ein Tschüß für alte Freunde, * nicht mehr auf dieser Seite)
BIBLIOGRAPHIE: 30 Text-Bild-Bände & 1000 Texte von JACQUES DULON
1000 TEXTE mit vielen Lichtbildern (erhältlich als elektronische pdf-Formate über eMail)
Tausend Texte, Bd. I (2017-2024): farblos und blind (222 Gedichte, 92 Bilder, 390 Seiten, e-pdf:30€) (NEU)
Tausend Texte, Bd. II (1978-2007): All dies geschieht (165 Gedichte, 14 Bilder 191 Seiten e-pdf:25€) (NEU)
Tausend Texte, Bd. III (1978-2006): Jahresringe 1 (210 Chanson-Texte, 1 Bild, 341 Seiten, e-pdf:25€) (NEU)
Tausend Texte, Bd. IV (2006-2020): Jahresringe 2 (210 Chanson-Texte, 1 Bild, 358 Seiten, e-pdf:25€) (NEU)
Tausend Texte, Bd. V (2020-heute*): Jahresringe 3 (44 Chanson-Texte, 1 Bild, 73 Seiten, e-pdf:15€) (NEU)
Tausend Texte, Bd. VI (1995-heute*): Das Trockengewicht der Cumulus-Wolken (88 Gedichte, 11 Bilder, 119 S., e-pdf: 20€) (NEU)
Tausend Texte, Bd. VII (1982-heute*): Haltepunkte (in Arbeit, Prosa) ab dem 01.03.2025
Tausend Texte, Bd. VIII (1985-2010): Fluchtpunkte (in Planung, Prosa) 2026
Tausend Texte, Bd. IX (XXXX-XXXX): Schnittpunkte (in Planung) 2027
* sich ständig erweiternde Arbeitsfassungen, Kontakt: scheffler.holger@gmail.com
SONDERBÄNDE mit Lichtbildern (als elektronische pdf-Formate über eMail)
fett und blau: Texte befinden sich auf dieser Seite, fett und kursiv: Texte befanden sich auf dieser Seite. Kontakt: scheffler.holger@gmail.com
1. Der Sohn (2021-2022) (5 Gedichte, 1 Bild, 9 Seiten, e-pdf:10€) (NEU)
Inhalt: Dieser seltsame Reiter / Schmutz an den Schuhen regennasser Straßen / Der Sohn (Brücken ohne Ufer) / Wo dein Sternbild mir leuchtet / Das Wüstentier.
2. Der Wanderer (2017-2023) (4 Gedichte, 1 Bild, 5 Seiten, e-pdf:10€) (NEU)
Inhalt: Gewitter / Die Nacht vor dem Frühling / Klang der Wälder - schneestill / Zwei Adler.
3. Liebe und Splitter (1981-2023) (6 Gedichte, 1 Bild, 7 Seiten, e-pdf:10€) (NEU)
Inhalt: Kurze Zeiten der Liebe / Mondschattenbilder / Mein Liebeslied für dich (zu deinem 50. Geburtstag) / Geheimnisse (Dein Kaffee, deine Croissants und warum ich dich liebe) / Schatten auf Wände / Scherben und Kreise (bis an den Rand).
4. Gehen (2022-2024) (6 Gedichte, 1 Bild, 15 Seiten, e-pdf:10€) (NEU)
Inhalt: Gehen / Laotses Befragung / Sizilianische Wanderung / Auf dem Rücken des Kaimans (Machiguengas - Menschen, die gehen) / Geister-Gängerin (und der Trucker) / Erinnerungsspuren (Gehen #2).
5. Die Zirkelgerade (2004-2024) (12 Gedichte, 1 Bild, 21 Seiten, e-pdf:10€) (NEU)
Inhalt: Dichterlesung (nicht jugendfrei - wirklich!) / Der Vollmond (oder: Eine alte Liebe) / Ballade vom Wein in Aveiro / Die Klobrille / Letzte Nacht vor meiner Kneipe / Auf den Adel kommt es an (Ein Gartenzwerg-Epos) / Mögliche Kapitulationen / Bruder Bernd, Schwester Hilde und der ganze Rest der feinen Familie / Dicht am Stamm und Aug´ in Aug´ / 19-84 / Als ich beinahe König von England wurde / Mein Kochbuch (Eine Predigt).
6. Farben (2023-2024) (7 Gedichte, 1 Bild, 8 Seiten, e-pdf:10€) (NEU)
Inhalt: Farblos und blind / Farben von: Ferne / Vielleicht Homer / Frühling / Schnitter und Schneider / Augblick-Lichterland / Farben (im Garten)
7. Der Eine, der Engel und ich (2019-2024) (7 Gedichte, 1 Bild, 9 Seiten, e-pdf:10€) (NEU)
Inhalt: Der Fremde (wie er war, als er ging) / Der Schrei / Kein Gesicht / Das ganze Theater (Der Eine) / Der Ewige Roman (Der Eine #2) / Alles bezahlt / Die Schöne am Fenster.
8. Geschichten von Herrn K. (2024) (4 Gedichte, 1 Bild, 5 Seiten, e-pdf:10€) (NEU)
Inhalt: Nachtisch (Lokalbesuch) / Schlecht beschraubt (Belehrung unter Männern) / Das Rad (der Reserve) / ...in Sprechblasen.
9. Weltengänger (2001-2019) (5 Gedichte, 1 Bild, 9 Seiten (e-pdf:10€) (NEU)
Inhalt: Sansibar / Wolkenreiter / Als wir uns trafen (Eine Nacht in La Paz) / Next to Arica (I can see your face from here) / Verspielte Liebe
Kontakt: scheffler.holger@gmail.com.
Werkschau-Serie (Nr.39-47) mit vielen Licht-Bildern (erhältlich als elektronische pdf-Formate über eMail)
2016 - sämtliche Gedichte, Nr.39 (in Planung für April 2025)
2017 - sämtliche Gedichte, Nr.40 (15 Gedichte, 13 Bilder, 32 Seiten, e-pdf:10€) (NEU)
2018 - sämtliche Gedichte, Nr.41 (24 Gedichte, 13 Bilder, 42 Seiten, e-pdf:15€) (NEU)
2019 - sämtliche Gedichte, Nr.42 (13 Gedichte, 13 Bilder, 31 Seiten, e-pdf:10€) (NEU)
2020 - sämtliche Gedichte, Nr.43 (31 Gedichte, 13 Bilder, 50 Seiten, e-pdf:15€) (NEU)
2021 - sämtliche Gedichte, Nr.44 (25 Gedichte, 13 Bilder, 53 Seiten, e-pdf:15€) (NEU)
2022 - sämtliche Gedichte, Nr.45 (51 Gedichte, 13 Bilder, 77 Seiten, e-pdf:20€) (NEU)
2023 - sämtliche Gedichte, Nr.46 (65 Gedichte, 13 Bilder, 93 Seiten, e-pdf:20€) (NEU)
2024 - sämtliche Gedichte, Nr.47 (z.Z. 90 Gedichte, 13 Bilder, 114 Seiten, e-pdf:20€) (in Arbeit) ab dem 05.01.2025
Kontakt: scheffler.holger@gmail.com
Bilder-Buch-Serie (ohne Gedichte/Prosa) (erhältlich als elektronische pdf-Formate über eMail)
ohne Worte, Nr.1 - (0 Gedichte, 43 Bilder, 23 Seiten, e-pdf:15€) (NEU)
ohne Worte, Nr.2 - (0 Gedichte, 41 Bilder, 23 Seiten, e-pdf:15€) (NEU)
ohne Worte, Nr.3 - (0 Gedichte, 40 Bilder, 23 Seiten, e-pdf:15€) (NEU)
ohne Worte, Nr.4 - (0 Gedichte, 40 Bilder, 20 Seiten, e-pdf:15€) (NEU)
ohne Worte, Nr.5 - (0 Gedichte, 44 Bilder, 24 Seiten, e-pdf:15€) (NEU)
ohne Worte, Nr.6 - (0 Gedichte, 43 Bilder, 23 Seiten, e-pdf:15€) (NEU)
ohne Worte, Nr.7 - (ab dem 15.02.2025)
Kontakt: scheffler.holger@gmail.com
Essays und Vorträge (erhältlich als elektronische pdf-Formate über eMail)
Höhenluft - Zauberberge in den Naturen und Literaturen - Der Essay ** (64 Seiten, 29 Bilder, e-pdf:20€) (NEU)
Höhenluft - Zauberberge in den Naturen und Literaturen - Vortragsmanuskript ** (24 Seiten, e-pdf:10€) (NEU)
Ringelnatz - Humor, eine todernste Angelegenheit - Vortragsmanuskript (in Planung für 2025)
Der Harz - Geschichten aus einem norddeutschen Gebirge und andere Paradoxien (in Planung für 2025)
Frank Kafka - Scheitern als Weltliteratur (in Planung für 2026)
Kontakt: scheffler.holger@gmail.com, ** unlektorierte Rohfassung
Längere Erzählungen (erhältlich als elektronische pdf-Formate über eMail)
Flusskind (in Planung für 2025)
Serugs Tränen (in Planung für 2026)
Kontakt: scheffler.holger@gmail.com
Einzelne Texte aus 1000 TEXTE** (erhältlich als elektronische pdf-Formate über eMail)
Jeder Wunsch-Text mit einem Bild (als e-pdf:1€) (NEU)
Kontakt: scheffler.holger@gmail.com, ** Liste kann auf Wunsch über email zugeschickt werden.
Werkstatt-Report (Neues von Dulon)
-immer die 10 aktuellsten Texte, direkt aus seinem lyrischen Labor-
= November 2024 =
...
8. Alles (mit Susanne Kaffka) Bd VI
= Dezember 2024 =
1. Früher kann immer sein Bd V *
2. OO Bd VI *
3. Am See Bd VI
4. Die Vergessene Bd VI
5 . E.F. (eine Skizze) Bd VI *
6. E.F. (Nachtrag) Bd VI *
7. In dieser Zeit (Anarcho Reloaded) Bd V *
8. Ich (Autobiografisches im Barock-Stil) Bd VI
9. Alter Bd VI
(Status: fett: auf dieser Seite, * nicht auf dieser Seite)
Projekte in Planung
für 2025
für 2025 / 2026
Der HIDDEN TRACK im WEB-Versteck
An dieser Stelle erscheint im Jahr 2024 jeden Monat für ca.30 Tage eine neue Erzählung von Dulon.
2024 Januar - ...einem anderen Ziel entgegen (1995)*, Bd VII
2024 Februar - Gott in Göttingen (2023)*, Bd VII
2024 März - Die sich auflösende Welt des Dr. K. (2003)*, Bd VII
2024 April - Lohn des Löhners (1988)*, Bd VII
2024 Mai - Gesicht vor Spiegel (1996)*, Bd VII
2024 Juni - Ein gelungener Zaubertrick (1993)*, Bd VII
2024 Juli - Der ungewöhnliche Lebenslauf des Werner M. (1988)*, Bd VII
2024 August - Der Traum von Señor Martines (1994)*, Bd VII
2024 September - Der Ausflug (2001)*, Bd VII
2024 Oktober - Jeder Bergkamm (1982)*, Bd VII
2024 November - Nachts im Café (1998)*, Bd VII
2024 Dezember - Drei Fremde (1990), Bd VII
(ENDE des PROSA-PROJEKTES)
(Status: * nicht mehr auf dieser Seite)
Drei Fremde (Neuer Text)
I
Sie setzten sich nicht zu dem Jungen. Sie blieben stehen. Der Eine, auf seinen Stock gestützt, hatte das Aussehen eines Ringers, eines dunkelhäutigen Kämpfers. „Denk' an die Ewigkeit und geh, wenn du dein Ziel erreichen willst“.
Der Zweite trug einen sandgrauen Mantel über dem nackten Oberkörper. Die Umrisse einer Weinflasche zeichneten sich deutlich auf seiner Manteltasche ab. „Drei Leben benötigte ich; ich war schnell“.
Der Dritte, ein asketisches Leben schien hinter ihm zu liegen, lachte nur leise, und als er dem Jungen schon im Gehen den Rücken zuwandte, flüsterte er noch, aber mehr zu sich selbst: „Abschiednehmen, so oft du kannst; - doch das wird nicht reichen. Nein, es wird nicht reichen ...“
Der Junge hatte die Augen geschlossen. Er hörte die sich entfernenden Schritte der drei Fremden auf dem steinigen Untergrund der Bahngleise, er hörte den Stock des Schwächsten, der den Takt der Füße zu untermalen wusste, und er sah, als er die Lider hob, drei Gleisarbeiter in großer Entfernung ihre Arbeit verrichten, immer die Stadt hinter sich wissend, aus der kein Zug mehr kommen konnte.
Der Junge dachte an seine Angel und musste erkennen, dass sein Bächlein im Wald keinen Fisch mehr zeigen wollte.
- Menschenfischer sollst du werden, in der Stadt, die keine Mauern hat. (Sie waren niedergebrannt).
- Wer wird hinter den Trümmern der Schutzlosen den Fischern glauben, dass ihre Netze fischfrei waren?
- Wir brauchen keine neuen Mauern. Die Stadt ist schwer erreichbar. Wir brauchen Gleisarbeiter, doch wer kennt den Weg?
Wie alt waren die Worte der drei Fremden? Der Junge drehte sich noch einmal in die Richtung der Arbeiter, die jetzt schon durch jedes Blattwerk zu passen schienen.
'Sie werden bald zu Hause sein', dachte der Junge und trug seine Angel fort.
II
„Ich bin Vorstandsvorsitzender einer Gesellschaft, die sich mit Investitionen auf dem Kapitalmarkt auseinander zusetzen hat. Welche Veranlassung haben Sie, mich hier in der Chefetage unseres Konzernhochhauses aufzusuchen?“ Bei dieser Frage blieb dem Ledersessel hinter dem viel zu großen Schreibtisch ein beständiges Wippen von Füßen an Beinen nicht erspart, die der Gutgekleidete, ohne es zu bemerken, ausführte.
„Mein Herr, ich muss ihnen leider gleich zu Anfang unseres Gespräches das Geständnis unterbreiten, dass mir ihre Worte nichts sagen.“ Die schlaksige Gestalt, mit dem für diese Etage etwas zu derben Mantel, lehnte sich an den Türrahmen. „Aber auch ich möchte der Höflichkeit genügen und mich einer Vorstellung nicht verweigern. Ich komme, nehmen wir einmal an, aus Sezuan und meine beiden Freunde haben es vorgezogen, die Zeit meines Besuches unten in der 58sten Straße in einem Café zu verbringen. Aus Gründen, die ich ihnen jedoch ruhig verschweigen kann, habe ich mir vorgenommen, meinen Besuch nicht unnötig auszudehnen.“
Der Fremde hatte sich vom Türrahmen gelöst, das Zimmer durchquert und ließ seinen Blick fast traumverloren aus dem Fenster über die halbverfallene Stadt gleiten. Mit der linken Hand zog er eine Plastikrose aus einer Vase, in der abgestandenes Wasser von einem Missverständnis zeugte. Er lächelte ein wenig, drehte sich plötzlich zu dem Vorsitzenden um und sagte sanft und leise: „Sie sind entlassen! - Lieben Sie ihre Frau? - Sind Sie gläubig?“
Der Vorsitzende war jetzt ein Stehender und dem Sessel blieb das permanente Wippen für Augenblicke erspart. Ein völlig konfuser Redeschwall, der die Worte 'raus', 'wie bitte', 'verrückt', 'was erlauben Sie sich' und 'wissen Sie, mit wem Sie es zu tun haben' enthielt, wurde mit dem Hinweis des Mantelträgers unterbrochen: „Das sind keine Antworten auf meine Fragen“.
Der Entlassene stockte, schaute irritiert dem Besucher nach, der das Zimmer verlassen wollte, und er war selber erstaunt über die Stille, die einem Wutausbruch folgen konnte. „Als ein Vorsitzender auf Abruf bleiben Sie aber noch in diesem Büro – vorläufig.“
„Halt warten Sie. Herr ... aus Sezuan! Wie viel Zeit habe ich noch als ...? Wie heißt denn der Neue?“ Die Fragen wurden durch eine entfernte Explosion unterbrochen. Beide Herren schauten aus dem Fenster. „Die alten Wohnviertel werden gesprengt. Unser Konzern will neuen Wohnraum schaffen“
„Die Mauern...“, erinnerte sich der Besucher, ohne diesen Gedanken weiter zu verfolgen. „...werden natürlich niedergerissen. Es entstehen neue, großräumige Wohneinheiten“, wiederholte mechanisch der Besuchte.
„Nein! Vergessen Sie nicht, Sie sind entlassen. Es werden keine Häuser mehr gebaut, die Sie zu verantworten haben. .... Vielleicht werden wir breite Straßen brauchen.“
Im Fahrstuhl, auf dem Weg in ein Straßencafé zog ein Fahrgast seine Weinflasche, aus dem Mantel und trank einen kräftigen Schluck.
Menschenauflauf in der 58sten Straße.
„Er ist gesprungen“, sagte eine ringerähnliche Gestalt zu einem Asketen. „Ja, er ist gesprungen“, wiederholte der Zweite. „Wir hätten ihn besser kennen sollen.“ „Wir kannten ihn gut“, widersprach der Ringer.
Keine schwarzen Vögel waren am Himmel zu sehen. Der Himmel war selber schwarz an diesem Morgen. Eine Frau kreischte: „Von dort oben, aus der Chefetage!“. „Wahrscheinlich ein Unfall“, rief eine zweite Frauenstimme. „Oder ein Mord“, vermutete ein Kind.
„Nein!“ sagte ein Fremder, der sich durch den Menschenkreis gezwängt hatte. „Er liebte seine Frau nicht, sein Glaube war ohne Vertrauen, deshalb der Alkohol.“ Der Fremde steckte seine Weinflasche zurück in die Manteltasche. Er verabschiedete sich mit einer kleinen Verbeugung von dem Fensterspringer und verschwand für immer aus der Stadt.
III
„Wir werden seinen Tod bekannt geben müssen, er hatte Familie“, sagte der Ringer „Ich werde sie suchen“, erwiderte der Asket und trennte sich von seinem Begleiter. Er lief die 58ste entlang, vorbei an den Restaurants und Cafés dieser Straße.
„Warum erzähle ich ihnen meine Geschichte?“, wunderte sich die Frau. Ihr schwarzer Mantel war von der Lehne gerutscht und der hagere Mann bückte sich nach dem Kleidungsstück. „Nein, lassen Sie nur den Staub .... Es ist der Staub dieser Stadt, und er verband mich all die Jahre mit meinem Geliebten. Viele Mauern habe ich fallen hören.“
„Er ist tot! Sie müssen ihn vergessen“, antwortete der schmächtige Mann. „Sie haben keine andere Wahl“
„Oh ja, vergessen!“ wiederholte die junge Frau und der schmächtige Mann glaubte nun den Staub auf ihrem Gesicht entdecken zu können. „Meine Schwestern sind jeden Morgen in die Kirche gefahren, und jeden Morgen hörte ich den Satz: >Du musst ihn vergessen!< Dabei konnten auch sie seine Gegenwart nicht leugnen. Das Brechen der einstürzenden Mauern war für mich eine Botschaft. Meine Schwestern bestanden jedoch weiter auf den Glockenklang bei ihrem Bet-Besuch. Ich wusste um die Unmöglichkeit des Auseinanderbrechens gefalteter Hände; sie dagegen erkannten meinen Bet-Gang nicht an, weil er viele Straßenbahnstationen weiter zu seinem Bürohochhaus führte.“
„Sie haben ihn jeden Morgen hier aufgesucht ?“ Der schmale Mann schüttelte ungläubig den Kopf. „Jeden Morgen saß ich hier in diesem Café, sah wie sein Wagen langsam in die 58ste einbog und vor seinem Hochhaus schließlich zum Halten kam. Er benötigte nicht mehr als fünf Sekunden, um für den Tag und mich unsichtbar in seinem Turm zu verschwinden. Doch diese fünf Sekunden waren das Gebet meiner Liebe ... Sind Sie ein Pastor? Sie sehen irgendwie so ...“
Der Mann antwortete nicht auf ihre Frage. Er schien verstört. „Ihr Geliebter hat nie erfahren, dass Sie hier in diesem Café jeden Morgen auf ihn warteten?“ „Oh nein, das wäre schlimm gewesen. Er hätte mich dafür gehasst. Und dieses Warten war ja das Gebet meiner Liebe, (und) da hätte mich sein Hass zerstört. Verstehen Sie das?“
Der Mann schüttelte ein wenig den Kopf, dann wurde er verlegen und schaute aus dem Fenster. Die Menschengruppe hatte sich zerstreut, und er wusste auf einmal, dass er das Beten nicht gelernt hatte.
„Ich komme aus Sezuan“, begann der Fremde erneut das Gespräch, „und es ist richtig, ich habe viele Jahre in eine Kloster gelebt. Wir lernten dort die Mysterien der Welt zu verstehen, und in der Askese haben wir uns sogar dem Atmen versagt ..., aber ich weiß nichts von ihren fünf Sekunden!“
Die Frau schaute ihn zweifelnd von der Seite an. Sein Blick war jetzt starr aus dem Fenster gerichtet.
„Ist es nicht seltsam? Obwohl Sie nicht aus dieser Stadt kommen, habe ich das Gefühl Sie zu kennen.“ Nach einer kleinen Pause fuhr sie fort, „Mein Geliebter ist tot, mein Gebet ist zu Ende. Morgen werde ich nicht mehr hier sein.“
„Darf ich Ihnen noch eine letzte Frage stellen?“ Der Mann schaute der Frau wieder in die Augen. „Warum hat er Sie verlassen?“ In seiner Frage klang eine Trauer, die sich die Frau nicht erklären konnte.
„Er fing an, sich zu hassen. Das können Sie so nicht verstehen. Sie müssen dazu wissen, ich war nicht seine einzige Liebe und sicher auch nicht die einzige, die ein Kind von ihm bekam ...“
Der schmächtige Mann war bei den letzten Worten der Frau von seinem Stuhl aufgesprungen, und das Jahrtausende alte Asketen-Gesicht hatte einen lächerlich menschlichen Ausdruck bekommen.
„Beruhigen Sie sich“ , lächelte die Frau kurz, „ich wollte Sie nicht schockieren! ...aber um meine Geschichte abzukürzen, muss ich noch erwähnen, dass er eine fremde Frau geheiratet hat.“ Und leise fügte sie noch hinzu: „Und das war eine Verzweiflungstat, die niemand erkennen wird. Alle werden glauben, es war der Alkohol, der in seiner Manteltasche gut versteckt, sich für fünf Sekunden durch die Öffentlichkeit stahl. Oben in seinem Büro ließ er dann die Mauern niederreißen, aber er konnte sich gar nicht mehr befreien.
Musste ich nicht die Kirche meiner Schwestern meiden, um hier für meinen Geliebten zu beten?“. Auch jetzt bekam sie keine Antwort von dem Fremden. Nur ein Zittern in seinem jetzt menschlichen Gesicht konnte als der Versuch einer Suche nach einem Wort gedeutet werden.
Auf seltsamerweise getröstet, verabschiedete sich die Frau von dem hageren Mann, „Liebe vergeht, wenn man sich selber sterben lässt; ein alberner Kalenderspruch“, lächelte die Frau. Sie blieb im Café zurück, als ein hagerer Mann auf der Straße erschien.
Ein Kellner wollte gerade die Wünsche einer elegant gekleideten Frau entgegen nehmen, als diese einen besorgt blickenden Mann mittleren Alters auf der Straße entdeckte. Er schaute ihr im Vorübergehen in die Augen schaute. Für Sekunden vergaß die Frau die Anwesenheit des Kellners und sie folgte mit ihrem Blick dem Gang des Gängers. Dieser antwortete ihr mit einem freundlichen Lachen. Der Kellner glaubte die Begegnung zweier Freunde zu beobachten, und hielt sich dezent im Hintergrund.
IV
Der Junge hob die rechte Faust, über die er einen roten Boxhandschuh gezogen hatte. 'Ein ungewöhnlicher Farbkontrast in dieser Steinwüste', dachte der Fremde auf der Straße - der Fremde zwischen den Ruinen.
„Ich werde ihm das letzte Geleit verwehren, meine Trauer habe ich hier zwischen diesen Steinen gesteinigt. Jetzt will ich nach oben, dort wo er war.“ Mit diesen Worten wandte sich der Junge von dem Fremden ab und kehrte in die Häuserruine zurück.
>Zwischen dem Alleine-Sein und dem Zurückgelassen-Werden liegt nur ein Abschied. Zum Abschiednehmen ist es noch zu früh - zum Kennenlernen leider viel zu spät. Erspare dir nun deine wehmütigen Gedanken, denn du bist nur ein Kämpfer<, Gedanken als murmelnde Worte kamen ihm über seine Lippen „Junge! So früh hatte ich dich noch nicht erwartet. Gern' hätte ich mir noch etwas Zeit gewünscht.“ Sein eher schleppender Gang in Richtung der Häuserruine konnte von dem Jungen auf der Treppe nicht beobachtet werden Er hielt den Fremden für einen alten Ringer, dabei trug dieser Sezuaner doch nur die Last eines Anderen.
„Die Treppe führt in das Nichts“, der erste Versuch des Fremden klang müde in den zerfallenen Räumen.
„Eine Treppe führt immer nach oben“, lachte der Junge trotzig.
„Die oberen Stockwerke wurden gesprengt.“
Der Fremde hörte als Antwort ein grelles Lachen. „Seit jenen Tagen trage ich diesen Handschuh. Wer mich fortan zur Trauer zwingen will, muss mich schlagen können. Tote Sprengmeister sind dafür zu schwach“. Der Junge hatte das Ende der frei hängenden Treppe erreicht und kletterte scheinbar mühelos durch ein hochliegendes Deckenloch, durch das der Fremde einen grauen Himmel erblicken konnte.
„Tote Sprengmeister leben neu, bei jeder Stufe, die du besteigst“. Der Junge hörte die Warnung des Fremden nicht mehr, und dieser musste mit ansehen, wie auch sein zweiter Versuch scheiterte.
>Warum bin ich nur so zögerlich<, der Fremde wollte seine Müdigkeit von sich schütteln, doch als Sezuaner war er zu lange nicht in dieser Stadt, um hemmungslos in fremde Häuser einzudringen.
>Kann er es überhaupt begreifen? – Wie viele Leben benötigte ich, ehe(r) ich verstand?<. Er dachte nicht weiter über diese Frage nach, sondern starrte auf den grauen Himmel hinter dem Deckenloch. >Manchmal vergesse ich sogar, schon meine Kräfte<, schmunzelte jetzt der Ringer hoch oben auf der Treppe und vergrößerte mit einem Faustschlag die Deckenöffnung.
Er zwängte sich ebenfalls durch das Mauerloch auf die terrassenförmige Plattform eines ehemaligen Obergeschosses und entdeckte den Jungen am Abgrund stehend, neben einem Surfbrett. Seinen Blick hatte er auf den nördlichen Horizont gerichtet. „Dort wachsen sie weiter, unsere Häusermauern. Es ist diese riesige Welle, die das hier Niedergerissene dort als Strandgut in den Himmel türmt. Ich werde den Strand erreichen und mein Gut in Empfang nehmen. Ich bin der rechtmäßige Erbe“.
Der Fremde spürte nun, dass er nur noch eine Möglichkeit in sich trug. „Als Sprengmeister wird sich das Strandgut dir zum Himmel türmen und du wirst behaupten, es gehöre dir. Und irgendwo am anderen Ende der 58sten wird ein weiterer Junge mit einem Handschuh deinen Tod ersehnen - den du schon jetzt erkennst, wenn du springst“. Und mit flüsternder Stimme fügte der Fremde noch hinzu; „Sezuaner kommen, um Kreise zu durchbrechen - auch ihre eigenen. Es liegt an dir, unsere Fehler zu beenden.“
„Ich habe keine andere Wahl als die Welle zu besteigen“, entgegnete der Junge zornig und voller trotz.
„Nein“, bestätigte der Fremde traurig, „du hast wohl keine Alternative.“
Der Junge drehte sich irritiert dem Ringer zu und schaue ihm fragend in die Augen. Ungläubig geworden wiederholte er seinen Satz. „Ich habe keine andere Wahl?“ Sein Zorn war verflogen.
„Doch“, lachte der Fremde jetzt, und seine Freude war übergroß.
In den Straßen ihrer halb verfallenen Vorstadt erkannten die von einer Trauerfeier zurückkehrenden Gäste einen Mann, der mit einem Jungen an der Hand einen anderen Weg einschlug.
Beide wollten, wie es den Trauernden schien, die Trümmer hinter sich lassen. Sie ließen die beiden Fremden unbehelligt weiter ziehen. Ihre schwarze Trauerkleidung verhinderte in der schwülen Wärme dieses Tages eine würdelose Spielerei am See. Vielleicht wären sie auch gerne zum Fischen gegangen, wie der Junge mit der Angel in seiner freien Hand.
V
Der Bauch einer hochschwangeren Frau, in der 58sten Straße, wurde von einem Bettler gestreichelt. Drei Gleisarbeiter wurden in derselben Straße, vierzig Jahre vor diesem Akt der Zärtlichkeit, wegen der Gründung einer anarchistischen Vereinigung, zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Viertausend Kilometer südlich wurde in dem gleichen Jahrhundert ein Armenviertel einer Großstadt dem Erdboden gleich gemacht. Ein Bodenspekulant der 58sten Straße vermutete an jener südlichen Stelle seines Reiches ein hochwertiges Metall in der Erde. Die Lohntüten der nördlichen Bauarbeiter blieben auch noch gefüllt, nachdem das höchste Haus der nördlichen Stadt fertiggestellt war. Die hochschwangere Frau mit ihrem schwarzen Kleid vor diesem Gebäude wollte ein besseres Leben für ihr noch ungeborenes Kind ... ; sie sah dem Bettler nach und hatte plötzlich eine ungewisse Angst.
Sie konnte nicht wissen, dass alles anders kam ...
...noch nicht ver-www-te Fuß-Abdrücke im Schreib-Sand der Geh-Zeiten
Lyrik und Musik - Neustadt in Holstein - der reporter (der-reporter.de)
Lyrik-Lesung zum Thema "GEHEN"
Graphic Design: Jacques Dulon, unter Verwendung einer Zeichnung von =Stephan Peters
Ankündigung: "Lyrik in & aus Lübeck 2", Thema: Die STADT (Neu)
Wenn du etwas nicht verstanden hast, was man nicht verstehen kann... dann hast du alles verstanden (Dulon)
Wer sich über sein mangelndes Selbstbewusstsein beklagt, nimmt sich vielleicht nur zu wichtig (Dulon)
Gästebuch:(Neu)
last update 20.12.2024
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