"Seid ihr je mit mir in den Wald gegangen, dann muss ich euch sehr lieben."
Mary Oliver
"Aber es gibt eine so unsägliche Einsamkeit,
dass die Wörter Selbstmord begehen."
Alejandra Pizarnik
"Das Gedicht ist nicht die Welt.
Es ist nicht einmal die erste Seite der Welt.
Aber das Gedicht will aufblühen wie eine Blume.
Das zumindest weiß es."
Mary Oliver
"Könnte ich doch nur in Ekstase leben,
indem ich den Körper des Gedichts
aus meinem Körper mache."
Alejandra Pizarnik
In Augenkontakt mit den Dingen sein, für die ich Wörter zu sammeln versuche.“
Christoph Wilhelm Aigner
"Die Krähe
fürchtet die Krähe nicht
aber der Mensch
ist des Menschen
bangste Begegnung."
Hilde Domin
„Wer mein Schweigen nicht annimmt, dem habe ich nichts zu sagen.“
Wolfgang Bächler
„Wir sehen fast glücklich aus in der Sonne, während wir verbluten aus
Wunden, von denen wir nicht wissen.“
Tomas Tranströmer
„Ich trete in dem Moment ans Licht in dem ich mich selbst als Frage definiere“.
Haris Vlavianos
"Nicht, daß das Licht entlegener Galaxien nicht zu uns gelangte! Doch wird es uns niemals erreichen, nie (be)rühren:
eine Allegorie unserer Einsamkeit."
George Steiner
rastlos sicher (20.04.2025)
Oberhalb des Sees unter der Berührung
einer zufriedenen Aprilsonne schwirren die Worte
umher wie die Stimmen der Vögel, rufen
aus allen Richtungen – schwer zu fassen.
Legen sich lieber unter den Wind, der
unbarmherzig das Wasser treibt, versucht
seine eigene Sprache zu finden.
Ihre Wege sind zweifelhaft, rastlos ihre Bedeutung,
doch finden sie immer wieder zurück
für einen Moment der Transparenz,
nähern sich der Quelle – wissentlich.
Die Entscheidung ist gefallen (19.04.2025)
Hier sind die Kleider der Blüten zeitlos elegant,
müssen sich nicht neu erfinden und
ihre Farben atmen unverfälschtes Licht.
Hier sind die Gespräche der Vögel bedeutsam.
Man grüßt sich noch über nicht vorhandene Grenzen,
bewahrt die Kunst der Eloquenz.
Hier treibt der Habicht tief übers gelbe Wellenmeer,
getragen nur vom süßen Äther, stellt
die Bedeutung der Sekunden in Frage.
In welche Richtung wird das Blut wohl fließen?
Hier – ist die Entscheidung gefallen.
Er ist hellblau, der Friede – in seiner Makellosigkeit
legt er sich wie eine Glocke über den dankbaren See.
Hin und wieder erfährt er Zustimmung im Ruf der Kraniche,
festigt seine Position, wenn sie verstummen.
Widerstandslos bewegen sich die Blicke durch den
in sich ruhenden Himmel, ergeben sich dem Sog seiner Tiefe.
Nur ein Seeadler präsentiert schweigend das ganze Ausmaß
seiner Schwingen, spielt auf dem Atem der Welt.
Mit einem einzigen Signal seiner Schwanzfedern verleiht er
seinen weiten Kreisen Schönheit, während die Sonne
immer wieder die Zeichen seiner Herkunft signiert.
Ohne zu hinterfragen nimmt er den Aufwind an, legt
seine Existenz auf die warme Luft und beschreibt so
den Wunsch nach einer hellblauen Beständigkeit.
Vorsichtiges Schweigen (22.03.2025)
Auf deiner weit geöffneten Hand
ruhen sprachlos die Worte deiner Zuneigung,
ungeschützt, verletzlich, zurückhaltend.
Ich möchte sie lesen, doch es liegt
ein undurchdringliches Schweigen auf ihrer Haut.
Ich versuche die Länge deiner Umarmung
zu übersetzen, den Tanz deiner Augen
und scheitere an unserer Vergangenheit.
Wir bauen auf einen klaren Himmel
doch verhängen sein Blau
mit den Schleiern unserer Vorsicht.
Hoffen insgeheim, dass wir uns eines Tages
in unserem Schweigen erkennen.
Die Dicke des Fadens (26.02.2025)
Könnte ich jene,
die meinen Schicksalsfaden
gesponnen haben fragen –
würden sie mir Antwort geben?
Die Muskeln schmerzen
vom Widerstand des Felsens,
erinnern Tag für Tag das Leben.
Das Licht erneuert sich.
Die Bäume atmen und der Kranich
findet den Weg nach Haus.
Die Sonne legt ihre Lippen auf den Horizont
und der Nachthimmel lauscht
den unausgesprochenen Wünschen,
verbindet sich mit der Tiefe der Augen.
Wie wortlos muss die Antwort sein,
um sie zu sehen?
Wie leise der eigene Atem?
Auf getrennten Wegen (08.02.2025)
Wenn das Blau den Flug der Kraniche feiert,
löse ich mich und breite meine Arme aus.
Öffnet die Libelle den Vorhang zur Gegenwart,
verlangsamt sich mein Herzschlag und ich trete ein,
und wenn in der lautlosen Poesie der Schwäne
all die Stimmen schweigen, höre ich zu.
Doch nähern sich die Laute der Menschen,
verschließt sich meine Seele.
Seht ihr denn nicht, dass die Schönheit aller Dinge
unsere Bedeutungslosigkeit überdauern wird?
Das in ihnen eine Kraft schlummert stärker
als all unsere Taten?
Zeit ist alles, was das Leben braucht –
und seine Sanduhr ist unendlich.
Störungsfrei (31.01.2025)
Mit dem Betreten des Ufers
hat sich der Fluss meines Blutes bereits
mit den Bewegungen des Wassers synchronisiert.
Am gegenüberliegenden Ufer
betont die Sonne Bäume und Waldboden.
Wo Braun und Ocker leuchten sehe ich nichts als Wärme.
In meinem Rücken spielt
anstelle der Stadt ein Buntspecht seine Melodie.
Zwei Schwäne werfen gekonnt
das Licht mit ihrem Gefieder in die Welt und
vornehm lautlos zieht der Silberreiher durch das Bild.
Beste Sendezeit.
Der Empfang – störungsfrei!
Frühes Wiedersehen (31.01.2025)
Trompeten bremsen mein Rad
öffnen die Dopaminschleusen
und die weiten Schwingen dreier Bläser
beleben das einsame Blau.
Sonntag Mitte Januar
und ich schwanke
zwischen Trauer und Freude
über das frühe Wiedersehen.
Was mögen die Kraniche denken
im Sog ihrer Instinkte?
Gutes Omen? (31.01.2025)
Ich schlendere durch den Herzschlag der Stadt
vorsätzlich entlang ihrer blauen Adern –
grau sind diese Tage so auch das Licht
doch in meinem Augenwinkel tanzt ein Blitz.
Ein gefiederter Aquamarin zeichnet pfeilschnell
die Konturen des Ufers und meines Herzens nach.
Eisvogel – siehst du eine andere Zukunft?
Hell sind die nächsten Schritte – hell und blau.
Verdichtet (27.01.2025)
Die Haut hat sich verdichtet
unter den Spuren
vorübergegangener Leben.
Wie Jahresringe liegen sie
schwer auf dem Kern,
bei dem Versuch zu atmen.
Sie alle sahen ein Gesicht,
doch widersprach der Spiegel
stets ihren Augen.
Raureif liegt auf der Haut
über Zeichen von Rinde –
gehen einfach nur gehen.
Türme in Grau (27.01.2025)
Schwer drückt der Nebel
auf die wintermüde Stadt
verbündet sich mit der Dunkelheit
auf der Suche nach Nahrung.
Sein engmaschiges Gewebe
aus Kondensat verschluckt
die Gespräche der Stadt –
Schritte sind Erinnerungen.
Die verlassenen Lichter
der Straßen stemmen sich
gegen die nasskalte Übermacht.
Unbeweglich hängt sie
an den stolzen Türmen.
Doch der Schein trügt –
mit unzähligen Armen greift sie
nach jeder Bewegung,
stellt die Resilienz der Knochen
auf die Probe.
Lyrische Nachtschicht (13.01.2025)
Jemand hat die Decke und das Kissen mit Steinen gefüllt.
Die Matratze tritt aus wie ein bockiges Pferd und in der
lauten Dunkelheit der Stille ist kein Platz für müde Köpfe.
Das Ächzen der Jahresringe wird lauter und aus dem Hahn
der Vergangenheit tropfen permanent ungeschminkte
Erinnerungen zerspringen schallend auf meiner Stirn.
Der Schlaf hat die Beine in die Hand genommen – heute
sind es zwei Erbsen für die Prinzessin – und ein Gedicht
schreibt sich unbarmherzig durch die Nacht.
Aus dem Nichts (09.01.2025)
Durch die Gitterstäbe der Zeit
schaue ich hinaus in die Nacht
folge der Wahrheit seiner Tiefe.
Schlafe wohl mein kleiner Engel,
der du nie geboren wurdest und
erträume dir eine grenzenlose Welt.
Und schlafe wohl mein schöner Engel,
der du wartest, mir die Brust zu öffnen.
Die nackten Gefühle erheben sich,
gehen zu Bett und lassen mich zurück
in der Weite eines tonlosen Zimmers.
Flüchtige Spuren (08.01.2025)
Die Tinte meiner Geschichte sickert in die
weißen Zeilen, hinterlässt ihre Spuren wie
Schritte auf einem winterlichen Waldweg.
Manchmal ist das Papier zu schnell gesättigt
und die Worte verschwimmen wie Schnee
in der Sonne. Dann tauche ich meine Hände
in die dunkelblaue Oberfläche, taste auf dem
Grund nach wohlgeformten Brocken und bitte
das Papier um Vergebung. Doch Geschichte ist
unbarmherzig festgeschrieben, unwiderlegbar
aber auch flüchtig wie Spuren im Schnee. So
streiche ich die Feder wie Grashalme im Wind
über die zitternden Seiten – im Wettlauf mit der Sonne.
Die Summe der Momente (04.1.2025)
Ich bleibe stehen in meiner Unwissenheit
in meiner Stille, drehe mich um und blicke
in die Augen eines Moments. Einer unter
vielen und doch in seiner Bedeutsamkeit
wie ein Herzschlag. Er konzentriert die
Farben der Gegenwart auf ein kleines Bild
und zum Beweis seiner Richtigkeit stehen
vertraute Gesichter über ihm. Einer von
den Momenten, die sich zeigen, wenn
das Leben nicht hinterfragt wird, die diesen
Organismus aus Stahl, Beton und Ziegel
ausmachen. Ich gehe weiter, dort, wo
der Puls der Stadt kaum noch spürbar ist,
nehme sie an all die Momente, lege
meinen Hut neben ihre Bilder und mache
mir so diesen Organismus zu meinem Haus.
Die Unvermeidbarkeit und ihre Schönheit (02.01.2025)
Vor dem Fenster schaut die dünne Sichel des Mondes
wie ein leuchtender Riss in der Unendlichkeit aus dem
müder werdenden Blau auf das Unvermeidbare.
Die nackten schwarzen Arme einer Kastanie greifen
nach dem unbeirrbaren Wanderer. Dunkle Wolkenfetzen
ziehen vorbei, wissend, unbeeindruckt von der Schönheit
seiner Botschaft. Während der Betrachtung seines Wirkens
hat das Blau die Augen geschlossen und die Kastanie
die Sichel wieder freigegeben, offenbart –
den gnadenlos stummen Klang der Sekunden.
Lass uns der Stille Raum geben (01.01.2025)
Keine Zeit für Stille.
Ich möchte meine Gedanken
in deinem Schoß zur Ruhe betten,
doch es ist keine Zeit für Stille.
Das Leben verdichtet sich
auf die Größe einer Briefmarke,
erreicht die entlegensten Orte.
Kein Platz für Stille.
Nimmst du mir die Welt
von meinen müden Schultern?
Ich biete dir dafür
lautlose Berührungen –
die Poesie der Fingerspitzen.
Lass uns der Stille Raum geben.
Die Worte geben Stille.
Nimm sie an und spüre –
ihren Atem auf deiner Haut.
Der Blick in die Gegenwart (31.12.2024)
Einer von vielen,
viele in einem –
Fluch der unbestimmten Menge.
Etwas ist gestorben
beim Blick in die Gegenwart,
namenlos, gesichtslos.
Doch es hinterlässt bereits
eine neue Spur auf dem Weg –
der Witterung zum Trotz.
Waldwege (30.12.2024)
Die Waldwege tragen keine Spuren,
nichts – vor dem man fliehen muss,
nichts – dem man folgen könnte.
Gedanken fallen wie Blätter im Herbst
schichten sich zu flüchtigen Bildern,
anfällig für Wind und den Hunger der Zeit.
Die Bäume antworten nicht auf die Schritte.
Lediglich eine flüchtige Erinnerung raschelt
hier und da über den mit Laub bedeckten
Boden – oder sind es Illusionen?
Außerhalb des Waldes liegt so vieles,
doch die Wege fordern einen Beweis –
für die Fähigkeit zur Liebe.
Evolution (27.12.2024)
Ihr habt geliebt, gelitten und euch
nach dem Nektar des Lebens verzehrt.
Ihr habt geträumt, gelebt und euch die
Hoffnung auf die Haut eurer Herzen tätowiert.
Wir lauschen den gleichen Worten und teilen
eine Wahrheit außerhalb von Welten.
Vor dem Fenster und auf den Wegen
blühen die Rosen, während eine Seele
lernt, unter Wasser zu atmen.
Die Hand im Spiegel (24.12.2024)
Das Licht in den Augen der Stille trägt
andere Gewänder, liebt andere Farben.
Seine Wahrheit spielt eigene Melodien auf
unwirklichen Instrumenten. Doch wenn am
Ende nichts anderes bleibt als die Weite eines
ungezügelten Horizonts und das Echo eines
Herzens in sich unaufhaltsam windenden Straßen,
so steht vor dem Spiegel immer noch ein Mann,
der mit seiner Hand liebevoll ein Gesicht berührt.
Glaube an den Schmerz (23.12.2024)
Nie sah ich in die Augen der süßen Qual
und doch brennt ihre Berührung in den
Fingerspitzen meines Herzens. Kann es
Wahrhaftigkeit geben ohne Schmerz?
Ich werde nicht still in meinem Zimmer
verweilen. Ich werde von ihr schreiben
und ihre Existenz feiern – mich verzehren
nach dem Schmerz der Liebe.
One day … (22.12.2024)
Die trüben Gläser unzähliger Einbahnstraßen
liegen schwer auf meiner Brust, verhindern
einen individuellen Herzschlag. Die engen
Horizonte auf zu kleinen Leinwänden schnüren
mir die Kehle.
„One day a ship comes in“ hallt durch meine
Venen, reichert sie an mit Sauerstoff mehr –
als ich in diesem Moment zu atmen vermag.
Viel Spielraum für fast nichts (22.12.2024)
Meine Liebe zappelt an den Fäden
des nicht Greifbaren wie die Glieder
einer Marionette. Der Spieler lässt
sie tänzeln zwischen den erschlafften
fleischfarbenen Wänden, während
die Schläge seiner schwarzen Schwingen
ihr den Boden verwehren. Lachend
zerrt er sie an seinem Spielkreuz Richtung
Horizont – die Kraft, das Rad des Lebens
zu überdauern, seine Muster zu durchbrechen.
Was bleibt, ist der Blick hinaus aufs Meer.
Blütenblätter – für B. (18.12.2024)
Ich nahm die Blütenblätter
deiner weit geöffneten Liebe,
warf sie in den reißenden Strom
eines wilden, ungeschliffenen Lebens.
Das Glas in der Hand
betrachte ich die saftigen Fenster,
wie sie langsam zurückfließen
in das dunkelrote Feuer,
dann treiben Blütenblätter
an mir vorbei und ich spüre –
die gestohlenen Jahre eines Herzens.
Gnadenlosigkeit der Zeilen (18.12.2024)
Ekstatisch aufs Papier geworfen
liegen vor mir
die wortgefassten Bruchstücke
fast verblasster Herzstürme,
doch die Feder zögert –
scheut die Zusammenführung.
Aus den Silben winden sich
suchende Hände, laszive Schenkel
und glühende Lippen, da
vermischt sich das Salz
vergangener Berührungen
mit der Gnadenlosigkeit der Zeilen.
Blatt im Sturm (16.12.2024)
Behutsam nähere ich mich
der Introvertiertheit des Schreibtisches.
Doch als ich mich setze,
schrecken die Gedanken wieder auf,
tanzen durch das größer werdende Zimmer –
wie Blätter im Sturm.
Meine Füße verlieren den Kontakt
zum Boden und die kleinen Arme
versuchen die Tastatur zu greifen.
In der Oberfläche des Monitors
spiegelt sich ein alt bekannter Raum.
In seiner Mitte ein kleiner Junge,
der zur Verwunderung seiner Eltern
nur aus der Kraft seiner Vorstellung heraus
einen authentischen Viermaster erschaffen hat,
in seiner Hand – ein Blatt gefangen im Sturm.
Irrwege (14.12.2024)
Ist das Streben nach Haben und Sein
nicht nur ein Pfad, der von dem
existenten Moment fortführt?
Ist das Beimessen von zu viel Bedeutung
nicht wie Emporheben der Worte
zu Götzenbildern? Werden sie dadurch
nicht zu Rechtfertigungen und Ausreden
eigener Unzulänglichkeiten?
Was ist von Bedeutung, wenn nicht –
das tiefe Luftholen der Gedanken,
ihr unbändiges, wildes Lachen?
Vom Halten der Liebe (10.12.2024)
Inspiriert durch Allen Ginsberg
Wer von Euch erhebt Anspruch
den Kreis des Lebens zu durchbrechen –
Kinder der Konformität?
Ihr werdet geboren, überlebt
und ihr werdet sterben.
Und für kurze Zeit sammelt und haltet
ihr die Liebe – doch was ist dies
anderes als Schmerz?
Im Kopf der Liebe (09.12.2024)
Über grüne Wiese tanzt und springst du selbstvergessen
gehüllt in ein weißes Kleid, welches lebt sich mit dir dreht.
Ich ruh im Gras, die Jahre einer Eiche in meinem Rücken,
während mein Herz sich einstellt auf deinen süßen Rausch.
Dann von Blüte zu Blüte nähert sich dein zeitloses Lächeln,
du lässt dich fallen, atmest heiß auf meiner schweren Brust
und während ich dir Blumen in den Kranz deines Haares flechte,
spür ich die Wildheit deines Herzens, das nach meinem sucht.
Du schließt mir die Augen, auf das ich deinen Kuss empfange,
doch auf meinem Mund nur kalter Wind, das Warten brennt
und im Erwachen kämpfen zitternd laut die Zeiger meiner Uhren
gegen das Vergessen der Sprache deiner klangvollen Lippen.
Zu meinen Füßen öffnet sich ein Pfad, ich springe auf und laufe
Richtung Horizont, in dem sich still dein weißes Kleid verliert
und folge dem Kopf der Liebe zwischen meinen eigenen Zeilen
auf der Spur deiner Schritte, die schon langsam verwehen.
Es gabelt sich der Weg, deine Zeichen, sie sind längst verblasst,
meine Füße schmerzen von deiner Suche – oder waren es Worte
gestickt auf dem Saum deines Kleides die ich zu finden gehofft,
doch ich halte nur meine Feder tropfend schwer in der Hand.
Das Urteil meiner Königin (03.12.2024)
Hand in Hand laufen wir über feuchte Wiesen und der kühle Tau
erfrischt die nackten Sinne. Das Tempo unserer Herzen kondensiert
in der jungen Morgenluft und die Flamme in der Tiefe der Haut
macht uns unempfänglich für das Urteil der Welt. Dann halten wir
inne, suchen in den Augen des anderen nach Antwort, doch da
ist nichts außer dem Moment und der Wahrheit. Auf den Knien
meiner Hingabe drückt die Königin mich an den Fluss ihrer Tränen,
während am Horizont das Schicksal zum Gruß die Hand erhebt.
Am Rand der Besinnlichkeit (02.12.2024)
Spürst du die Umarmung der Stadt?
Die Berührung ihrer Farben in den
Momenten, da du sie erwiderst?
Das Leben konzentriert sich auf
einige wenige Orte, macht Platz
für Stille am Rand des Geschehens.
Neben dir steht die Vergangenheit,
nimmt deine Hand, lauscht lächelnd
dem stillen Dialog der Akteure und
der Unterschied zwischen Schmerz
und Schönheit verschwimmt.
Weihnachtswunderstadt (01.12.2024)
Die unbegrenzte Autonomie meiner bunten Gedanken
lenkt meine staunenden Blicke durch eine Welt aus
Farbe und Schatten.
Mit jedem Schritt und mit jeder Kopfbewegung
offenbart die Stadt ihre Gefühle, zeigt unzählige
flüchtige Wunder.
Zum Beweis ihrer Verletzlichkeit legt das Leben
seine glühende Bordüre über die schwarze Silhouette,
erinnert die Stille.
Und jeder neue Ausschnitt aus dem weihnachtlichen
Gemälde kratzt an dem Haltbarkeitsdatum
geflügelter Herzwände.