Parijato

Auf Höhe der Augen
Brodtener Ufer, Travemünde


Waldweg überm Küstenkliff,
Sonnenhimmel, erste Blätter,
Wellen von Buschwindröschen,
Durch die Bäume
Schwäne auf dem Meer.
Augenhöhe
her vom klaren Horizont.

Wellenlichtung
Bergpark Wilhelmshöhe, Kassel


Das kleine Wasser hier im Park
teilt seine Farbe mit der warmen Erde,
kleine umhergeschneite Blütenblätter
verhimmeln es mit Sonnentönen.
Sinnend wandelt der Wind
auf und ab, besegelnd die Wellen
mit altrosa Rhododendron-Blumen,
sammelt sie uferwärts
unter die gelben Lilien.

Steinmorgen
Klausbachtal, Nationalpark Berchtesgaden


Dies steile Tal: düster,
kalt klamm blau
die Wiesen, der Wald,
die Luft, die Finger,
der Morgen
bleibt draußen, an
unzugehörigen Horizonten
irgendwo festgefroren.
Die Sonne betreibt ihren
Aufgang tief hinter den
hochsteinernen Schatten.
Nah den Gefilden des Eises:
Felsriesen
beklüften den Himmel
glühendgelb.


für Sigrid Claus

Im Brunnen
tief
tief unten
lauert
das Wasser
des Lebens –
lebendig,
verlierst du
die Angst vor
dem Tod, und
– oh, abgrundtiefes Grauen! –
den Wunsch
nach Unsterblichkeit.

Blaue Linien


Der Tod malt blaue Linien
in das schwarze Land.
Meine Traurigkeit
umhüllt es mit einer Nacht,
unterm Mond schimmern
die Flüsse all der
fortgegangenen Leben.
Mein Leben ist
geblieben, die Flüsse
gehen darin
von Anfang bis Ende.
Ich bin da: Die Flüsse fließen.

Grenzen meinen


Wir haben die Grenzen-
losigkeit des Meeres
mit Zahlen und Maschinen
eingemauert. Wir haben uns
bewiesen, dass
selbst das Meer
ein Begrenztes ist.
Und dann stehen wir
an seiner Küste
und sehen,
dass wir uns
nicht alles glauben müssen.



zu einem Foto von Bernd Dräger, Landschaften der Stille

Ernst Barlach
Lesender Klosterschüler


Zu was das Holz
geformt ist
den Augen:
Einer mit offenem Buch.
Was du
siehst mit Augen,
– so sie sind
durchsichtig
bis in die Seele:
Geist und Geist
allein in
einander.
Was
die Skulptur
ist:
ist:
zwischen
Einem und seinem Buch,
zwischen
ihnen: Nichts als
Der Blick.

Bewohne dein Haus

 


Wandweise
wandweise haust du.
Du hast dein
Fenster
verklebt mit
Bild
auf Bild
auf Bild,
dein Haus
dunkler, immer
dunkler: die
Bilder immer
greller, bis zur
Blindheit.
Dein Fenster
wandweise.
tapeziere ab, bis
du das Fenster,
das Licht wieder
siehst, und
öffne
und finde
warum dein Haus
die Tür hat.

Das Schiff

 

 

„Schiff“ nennen die Menschen auch

die Maschinen, mit deren fremder Kraft sie

die Größe die Weite: die Schönheit

untertan machen.

Der Segler ist:

Das Schiff

ist die Hand, mit der

die Seele / der Geist / der Wille:

das Leben

des Menschen

die See berührt.

Vormittags aufziehende Bewölkung, nachfolgend Regen
Königssee, Malerwinkel


Der Tag kam früh,
um seine Ruhe zu haben.
So trafen wir uns,
Gleichgesinnte,
auf der Bank mit der
berühmten Aussicht,
für ein Stündchen.
Als die Vielen kamen,
setzten wir unsere
grauen Wollhüte auf
und gingen in
unsere Verstecke.

"Sympathy for the Devil"


The Word of
Them
is transmitted in
Secrecy.
The Black Voice
roars inaudibly.
Let us strip naked the
creeping icons of unlife:
Let us audibly
roar a song to drag
out into the light the
sympathy for the devil.

Baumsonnen


Ich sitze
hier im alten Lindenkranz,
der Regentag
hat sich mit Vergangenheit angefüllt wie
ein Ballon mit Leichtigkeit,
ist fortgeschwebt. Nun
sitze ich hier
im alten Lindenkranz,
schaue nach oben, und
frage mich:
Hat die Sonne
die Blätter erfunden,
oder
die Blätter die Sonne?
Ist
der Weltenbaum
wirklich
nur erfunden?

 

Bad Ischl, Sterzens Abendsitz

Domsee

 


       Vollmond.
Hoch steht
die Nacht am Himmel,
das Schwarz der
Schatten leuchtet;
Die Dunkelheit bleibt –  
eine silberne Decke.
Wind See
       Mond
Schilf  lichte Bäume  Dom
       Mond
So fand mich
vorwinters
der noch schlafende Morgen
am leise singenden Ufer.

Ratzeburg - Bäk

Ungerufen

 

 

Drüben, und nah,

sehe ich dich

liegen in der Sonne. –

Weit, und schwer,

schwer auszumachen

mein Weg ...

du hörst früh

meine ungerufenen Schritte;

meine Suche findet

nur noch deinen Schatten

im vergessenden Sand,

mein Tasten spürt

nur die Spur deiner Wärme

unter der sinnlosen Sonne;

fern schon, folgen dir

meine Wünsche;

in ihrem Rücken

die ungerufenen Träume

überfüllen deinen Schatten,

kriechen Bilder

über deine verblassende Wärme,

bis mein Erinnern

dich

kaum noch erkennt.

So, da ham' se's

 

 

Man ist zufrieden

so zu zweit,

man hat es nicht weit

mehr zu bringen,

man hat

es gebracht.

Und hat es.

Es hat

alle beide.

Man so zu zweit

ist zufrieden; und

schweigt den Streit

(besonders daheim).

Das Heim ist traut,

man ist auch beim

Akt nicht zu viel,

sondern zu wenig laut.

Man hat nur die Ziele,

die man schon kennt,

es ist kein Ziel

mehr eines Weges Saat;

man hat eigne Wege

folgsam verpennt.

Nach ewig selbem

neuem Tag,

nach ewig Selbem

im TV,

das Bett, flau,

früh schon gemacht

für die eigenen remakes.

Man ist längst

„so alt wie man sich fühlt“,

man fängt zufrieden

schon an, nichts wird

mehr aufgewühlt,

(und das Bett nicht sehr)

man geht nicht mehr

unter die Haut,

und man traut

sich auch nich',

sich gegenseitich

(oder mit einander)

an die (frische)

Luft zu setzen.

White-out

 

 

Der Eissturm wirft

weiße Schatten

auf den Schnee –

Blind hinterlassen sind

die Augen, indem sehend –

Ausgelöscht ist dem Weg

Richtung und Welt –

Es bleibt nur noch

Raum ohne Gestalt –

Finsternis, die

den Blick mit Helle verstopft –

Ich taste mich durch

den Entzug von Grenze und Anhalt

im Schatten des Weiß.

Nach Tag und Tanz

 

 

Getragen haben dich

durch einen heißen langen Tag

deine Füße;

sie haben getanzt

den Abend

der letzten Sonne nach,

sind mit dir

gefolgt im Bad dem

kühlen Wasser, hinaus

aus dem letzten späten

Blau hinter dem Fenster.

Und du liegst nun,

weich, hast den Tag

und die Kleidung

von dir gleiten lassen;

ohne Spuren mehr

der Wege

deine Füße nun

sanft und frei.

Ich schmiege mich

an deine Füße,

streichle sie küsse sie,

lange

sie sind wie

offene Hände, die

mein Streicheln küssen,

sich an meine

Küsse schmiegen.

Und langsam

steige ich auf zu

allen deinen Lippen,

und wir lassen

die Nacht erglühen

   —

den frühen Vögeln entgegen

in den leisen Tanz

der ersten Sonne.